Subventionen und Beihilfen gehen oftmals mit Fehlanreizen, verzerrten Marktresultaten und unproduktivem «Rent seeking» einher. Deshalb wäre eigentlich zu erwarten, dass Subventionen mittlerweile weltweit strikten Kontrollregimen unterliegen. Dies ist jedoch – bis auf wenige Ausnahmen – nicht der Fall. So kennt insbesondere auch die Schweiz kein griffiges Beihilferegime.

Im völkerrechtlichen Kontext ist jedoch auf die Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO) zu verweisen. Das verbindlichste und im internationalen Vergleich am weitesten entwickelte Beihilferegime kennt aber die EU.

Verpflichtungen im Rahmen des WTO-Rechts

Vorschriften bezüglich der Vergabe von Subventionen finden sich auf der internationalen Ebene vor allem im WTO-Recht. Hier ist einerseits das «General Agreement on Tariffs and Trade (Gatt)» von 1947 zu nennen, dass eine Notifikation- und Konsultationspflicht für Subventionen vorsieht, die sich auf den internationalen Handel auswirken. Die entsprechenden Vorgaben blieben jedoch weitgehend wirkungslos, da die Auslegung zentraler Begriffe umstritten war.

Relevanter ist im Rahmen der WTO jedoch das Abkommen über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen («SCM-Agreement»). Es bietet den WTO-Mitgliedern zwei Instrumente, um sich gegen Subventionen von Dritten zur Wehr zu setzen. Einerseits können Ausgleichszölle auf subventionierte ausländische Produkte erhoben werden und andererseits kann die Einsetzung eines Streitschlichtungsgremiums verlangt werden. Stellt ein WTO-Mitglied eine verbotene Subvention nicht ein, wird das geschädigte Land ermächtigt, Gegenmassnahmen zu ergreifen. Das Abkommen gilt auch für die Schweiz, ist sie doch seit 1995 Mitglied der WTO. Zudem verfügt die Schweiz über ein dichtes Netz an Freihandelsabkommen, von denen viele entweder direkt auf das einschlägige WTO-Recht verweisen (z.B. das Efta-Übereinkommen) oder sich an das Beihilferegime der EU anlehnen.

Das Beihilferegime der EU

Das EU-Recht kennt ein grundsätzliches Verbot von Beihilfen in ihren Mitgliedstaaten, wobei von der EU selbst ausgerichtete Subventionen keiner Kontrolle unterstehen. Das grundsätzliche Verbot findet sich heute in Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Gemeinschaft (AEUV). Eine Beihilfe liegt in der EU vor, wenn ein Unternehmen mit staatlichen Mitteln unterstützt wird und diese Mittel selektiv gewährt werden, den Wettbewerb verfälschen (oder zu verfälschen drohen) und geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen.

Doch nicht alle Beihilfen sind in der EU verboten. So sind zum Beispiel Beihilfen, die innert drei Jahren den Gesamtbetrag von 200’000 € nicht überschreiten, zulässig (sog. «De minimis»-Regel). Zudem sind Beihilfen, die für gesellschafts-, regional- oder umweltpolitische Anliegen vergeben werden, oft vom Beihilfeverbot ausgenommen. Generell besteht – wie bei jedem Gesetz – ein gewisser Ermessenspielraum bei dessen Umsetzung, der auch in der EU immer wieder genutzt wird. So etwa im Zusammenhang mit der Rettung von Banken im Zuge der globalen Finanzkrise 2008/2009 oder der Implementierung des «Green Deal».

In der EU beliefen sich die «legal» ausgerichteten Subventionen schon vor der Corona-Krise auf erhebliche Summen. Gemäss dem «State Aid Scoreboard» gaben die Mitgliedstaaten 2019 knapp 136,4 Mrd. € in Form von Beihilfen aus, was 0,81 % des EU-Bruttoinlandprodukts (BIP) entspricht. Das ist zwar etwas mehr als Ende der 2000er Jahre – was primär auf eine verstärkte Subventionierung von erneuerbaren Energien zurückzuführen ist –, aber markant weniger als in den 1980er Jahren, als sich die erfassten Beihilfen noch auf rund 2% des BIP summierten.

Das Beihilferegime der EU ist jedoch nicht statisch; es wird laufend fortentwickelt. So publizierte die EU-Kommission etwa im Sommer 2020 ein Weissbuch mit dem Titel «Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen bei Subventionen aus Drittstaaten». Darin bekennt sich die EU zu einem offenen und wettbewerbsorientierten Binnenmarkt, pocht jedoch gleichzeitig auf fairen Wettbewerb. Angeprangert werden insbesondere drittstaatliche Subventionen mit binnenmarktverzerrender Wirkung in Bezug auf:

  • das allgemeine Marktverhalten der in der EU tätigen Wirtschaftsbeteiligten;
  • Erwerb von EU-Unternehmen;
  • öffentliche Auftragsvergabeverfahren.

Darüber hinaus moniert die EU, dass auch die begrenzte Öffnung des Inlandmarktes von Drittstaaten zu Problemen führen kann. Ein Verordnungsentwurf, der den Umgang mit drittstaatlichen Subventionen regelt, liegt bereits vor.

Weshalb sich die Schweiz mit dem EU-Beihilferegime auseinandersetzen sollte

Naiv wäre es deshalb davon auszugehen, dass mit dem gescheiterten institutionellen Abkommen (InstA) mit der EU, das eine Beihilferegelung für künftige neue Markzugangsabkommen (etwa im Stromhandel oder bei den Finanzdienstleistungen) vorsah, das Thema vom Tisch wäre. Im Gegenteil, es wäre vordringlich, dass sich die Schweiz ernsthaft mit dem Thema Subventionen und Beihilfen auseinandersetzt. In diesem Sinne ist es zu begrüssen, dass der Bundesrat nun über eine autonome Übernahme von EU-Recht nachdenkt, um «Reibungsflächen» mit der EU abzubauen. Ob eine solche Übernahme von EU-Recht in der Schweiz zurzeit mehrheitsfähig wäre, ist fraglich. Klar ist jedoch, dass Subventionen für ein kleines Land wie die Schweiz, die auf einen ungehinderten Marktzugang im Ausland angewiesen ist, zunehmend ein Risiko darstellen.

Eine detaillierte Diskussion und konkrete Reformvorschläge finden sich in der neuen Avenir-Suisse-Publikation «Die Schweiz – das Land der Subventionen».