Ausländerinnen und Ausländer sind für rund die Hälfte der Schweizer Innovationsleistung verantwortlich. So die Quintessenz der Publikation «Grenzenlos innovativ», die Avenir Suisse vergangene Woche vorgestellt hat. Als Ergänzung präsentieren wir in diesem Beitrag fünf Erkenntnisse aus unserer Recherche, die in der Studie nicht oder nur am Rande Erwähnung fanden – gleichwohl aber für das «Innovationsökosystem Schweiz» kennzeichnend sind. 

1. Die grosse Bedeutung des «grossen Kantons»

Die ausländische Wohnbevölkerung stammt zu gut einem Drittel aus den drei grossen Nachbarländern. Diese durch die geografische und sprachliche Nähe bedingte Zuwanderungsstruktur ist eine Schweizer Besonderheit. In den meisten europäischen Ländern stammen die grössten ausländischen Bevölkerungsgruppen aus geografisch und kulturell weiter entfernten Ländern. Wenig überraschend sind die Nachbarländer denn auch für die Innovation in der Schweiz wichtig. Doch wie gross ist diese Bedeutung konkret?

Abbildung 1 zeigt, welchen Anteil Staatsangehörige aus Deutschland, Frankreich und Italien an der Innovationsleistung bzw. den Innovationsindikatoren ausmachen. Was auffällt: die Differenz zwischen dem Bevölkerungsanteil und dem Anteil an den Erwerbstätigen. Grund dafür sind nicht zuletzt die Grenzgänger, die im Falle Frankreichs die französische Wohnbevölkerung hierzulande zahlenmässig längst übertreffen. Hinsichtlich Innovationsbeitrag haben die Deutschen klar die Nase vorn: Obwohl sie «nur» 3,6% der hiesigen Bevölkerung ausmachen, ist ihr Anteil an den Startup-Gründern dreimal, an den Erfindern fast fünfmal so hoch.

 

2. Das internationale Genf

Auch wenn internationale Gründer schweizweit eine Rolle spielen, zeigen sich doch regionale Unterschiede. Vier von fünf Startups haben ihren Ursprung in den Kantonen Zürich, Waadt, Genf und beider Basel. Wie Abbildung 2 zeigt, nehmen Ausländer im Kanton Genf eine überdurchschnittlich wichtige Rolle ein: Zwei Drittel der Startup-Gründer und mehr als die Hälfte der Gründer eines Einzelunternehmens oder einer GmbH haben einen ausländischen Pass.

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3. Ausländer führen Erfolgsgeschichten weiter – und schreiben neue

Ausländische Startup-Gründer sind einerseits in bereits länger bestehenden Wirtschafts- und Innovations-Clustern tätig (Beispiel Life Sciences). Andererseits demonstriert etwa eine namhafte Zahl von Cleantech-Startups, dass Ausländer gerade auch an zukunftsfähigen Technologien in weniger etablierten Sektoren arbeiten. Sie geben somit wesentliche Impulse für die permanente Erneuerung der Schweizer Wirtschaft und stärken die hiesige Wettbewerbsfähigkeit.

 

4. Die Bedeutung der Zuwanderung ist höher, als es der Ausländeranteil an der Innovationsleistung suggeriert

Aufgrund einer eingeschränkten Datenverfügbarkeit messen wir den Zuwanderungseffekt in unserer Studie ausschliesslich über die Staatsangehörigkeit. Damit unterschätzen wir die effektive Bedeutung der Migration für die Innovation. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung liegt bei 26%. Rechnet man zu den Ausländern die eingebürgerten Schweizer hinzu, haben jedoch 39% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund.

Basierend auf Daten der Arbeitskräfteerhebung (Sake) lässt sich der Zuwanderungseffekt gemäss Migrationshintergrund approximieren. So zeigt Abbildung 4 den Ausländeranteil an den Erwerbstätigen für die zehn produktivsten Branchen der Schweiz. Und: wie gross der Anteil ist, wenn zu den Ausländern die eingebürgerten Schweizer Erwerbstätigen addiert werden. Während 45% aller Erwerbstätigen in der Schweiz einen Migrationshintergrund aufweisen, sind es in den exportstarken Pharma-, Chemie- und Uhrenindustrien bis zu zwei Drittel. Es wäre folglich nicht überraschend, wenn die Zuwanderung nicht «nur» die Hälfte, sondern bis zu zwei Drittel der Schweizer Innovationsleistung verantwortet.

 

5. Der Innovationsstandort Schweiz ist aussergewöhnlich stark internationalisiert

Die in der Studie präsentierten Zahlen sind auch im internationalen Vergleich äusserst hoch. Beispiel Startup-Gründer: In der Schweiz verfügen rund 50% der Startup-Gründer und 80% der Unicorn-Gründer (Startups mit Bewertung von über 1 Mrd. US-Dollar) über einen ausländischen Pass. In Deutschland hat hingegen «nur» jeder fünfte Startup-Gründer einen Migrationshintergrund. In den USA – die traditionell für Gründer und Talente eine hohe Anziehungskraft ausüben – sind Einwanderer für 55% aller Unicorn-Gründungen verantwortlich.

Beispiel Erfinder: International leben geschätzte 10% der Erfinder in einem anderen Land als ihrem Geburtsland. Mit Ausnahme von Luxemburg (35% ausländische Erfinder bei einem Ausländeranteil an der Bevölkerung von über 47%) weist kein anderes Land auch nur annähernd so hohe Werte auf wie die Schweiz (37%). In Deutschland liegt der Anteil ausländischer Erfinder bei 6%, in den USA bei 18%.

Weiterführende Informationen zur Bedeutung der Erwerbsmigration für den Innovationsstandort Schweiz finden Sie in unserer Publikation «Grenzenlos innovativ».