Die Reisebeschränkungen sind passé – die Schweiz ist wieder im Reisefieber. Am ersten Zürcher Ferienwochenende wurden am Flughafen Zürich erstmals seit der Corona-Pandemie wieder über 100’000 Passagiere pro Tag gezählt, und die Swiss beförderte im ersten Halbjahr 2023 rund 7,5 Mio. Passagiere – 41 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch der heimische Tourismus kann aufatmen: Die Hotellerie verzeichnete im ersten Halbjahr 2023 mehr Logiernächte als in der Vorjahresperiode. Dies ist insbesondere auf eine starke Zunahme der ausländischen Gäste zurückzuführen. Selbst im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie ist die Nachfrage gestiegen: Sie lag in den ersten sechs Monaten von 2023 deutlich über dem Niveau von 2019.
Wer etwas genauer hinschaut, erkennt, dass nicht nur Reisende die Tourismusbranche alimentieren, sondern auch der hiesige Steuerzahler: Das Engagement der öffentlichen Hand wurde jüngst stark ausgebaut. So flossen 2020, exklusive ausserordentliche Ausgaben von knapp 27 Mio. Fr., rund 390 Mio. Fr. an öffentlichen Geldern in die Schweizer Tourismuspolitik. Das sind rund dreimal mehr als noch vor 30 Jahren. Aber nicht jeder Steuerfranken wird dabei effizient eingesetzt.
Mit öffentlichen Geldern gegen den Wettbewerbsdruck
Gerade in den 1990er Jahren erfolgten diverse neue staatliche Interventionen zugunsten der Tourismusbranche. Als Grund wurde oft die Globalisierung des Fremdenverkehrs und der daraus folgende Anpassungsdruck genannt. Die Politik identifizierte Förderungsbedarf bei der Innovationskraft, wobei die Botschaft des Bundesrats klar industriepolitische und protektionistische Motive durchscheinen liess. Dies schien das Parlament aber nicht zu stören. Es wurde ein ursprünglich auf fünf Jahre befristetes Innovationsprogramm geschaffen, das wiederholt verlängert wurde und noch 25 Jahre später in der Form von «Innotour» existiert. Das Programm wird heute durch die «Neue Regionalpolitik» (NRP) ergänzt. Weitere Akteure der Tourismuspolitik sind darüber hinaus «Schweiz Tourismus» und die «Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit».
Neben diesen zentralen vier Instrumenten kommt die Tourismusbranche in den Genuss von weiteren Subventionen und Förderungen. Beispielsweise profitieren Beherbergungsbetriebe von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 3,7 Prozent. Das Steuerprivileg wurde 1996 befristet als Schutzmassnahme gegen die ausländische Konkurrenz eingeführt und ebenfalls bis heute mehrfach verlängert. Der jährliche geldwerte Vorteil entspricht rund 180 Mio. Franken.
Die immer neuen Förderinstrumente für den Tourismus haben sich über die Jahre in den öffentlichen Finanzen niedergeschlagen. Seit 1990 verdreifachten sich die ordentlichen laufenden Ausgaben im Rahmen der Schweizer Tourismuspolitik inflationsbereinigt auf rund 390 Mio. Fr. – pro Logiernacht ist das rund zweieinhalbmal so viel wie noch 1992.
Ist die Förderung sinnvoll?
Mit Subventionen gehen jedoch oft volkswirtschaftlich schädliche Effekte einher. Bedenklich ist nämlich nicht nur das Subventionsvolumen. Es werden private Projekte finanziert, die auch ohne öffentliche Gelder umgesetzt worden wären; dabei spricht man von Mitnahmeeffekten. Gerade in der Tourismusförderung sind solche Effekte wahrscheinlich, weshalb die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) sich des Themas angenommen hat. Sie kommt dabei zu einem wenig erfreulichen Fazit: So wären laut EFK rund 40 Prozent der im Rahmen der NRP geförderten Bergbahn- und Hotellerieprojekte auch ohne staatliche Subventionen durchgeführt worden. Zwei von fünf Steuerfranken fliessen somit direkt in die Taschen von Privaten, ohne dass damit etwas für die Öffentlichkeit gewonnen wäre.
Was in der Untersuchung der EFK abstrakt klingt, kann mit verschiedenen Beispielen illustriert werden. Gerade unter den von Innotour und über die NRP geförderten Projekten finden sich einige, die Fragen aufwerfen. So wurden einst knapp 100’000 Fr. an öffentlichen Geldern für ein Projekt im Bereich «Schweizer Regionalfrühstück» gesprochen. Dabei ging es unter anderem um die Analyse und «Identifikation der regionalen Spezialitäten der jeweiligen Regionen der Schweiz» und der Vermarktung der «Regionalfrühstücksbetriebe» an Gäste. Und den Aufbau eines «Klangwellness»-Angebots von Hotels sowie die Ausbildung von «Klangbegleitern» im Toggenburg liessen sich Bund und Kanton St. Gallen über 1,1 Mio. Fr. à fonds perdu kosten.
Wie so oft bei Subventionen werden diese zum Zweck der politischen Profilierung gerne gesprochen. Ob sie langfristig sinnvoll sind, wird hingegen nur ungern analysiert. Zu oft zeigt sich dabei nämlich, dass damit mehr Partikularinteressen bedient als das Gemeinwohl gefördert wird. Wie in verschiedenen Untersuchungen von Avenir Suisse jüngst gezeigt, sind institutionelle Anpassungen bei den vielfältigen Subventionen im Land überfällig.
Weiterführende Informationen zum staatlichen Engagement in ausgewählten Branchen sowie Vorschläge zur Begrenzung des Subventionswachstums finden Sie in unseren Publikationen «Vermessenes Staatswachstum» und «Die Schweiz – das Land der Subventionen».