Allein schon die Sprachbarriere macht das Thema dieses Beitrags schwierig – Es geht um «Happiness», Glück und Zufriedenheit. Das eine lässt sich nicht eindeutig übersetzen, unter den anderen beiden Ausdrücken versteht wohl jeder etwas anderes. Interessant ist das Feld trotzdem, besonders aus Schweizer Sicht. Nur in fünf Ländern waren die Menschen gemäss dem jüngsten «World Happiness Report» noch glücklicher. Die üblichen internationalen Vergleiche lassen aber Unterschiede von Glück und Zufriedenheit innerhalb der Länder unbeachtet. Und auch in den Verteilungsdebatten bleiben sie aussen vor. Die nachfolgenden beiden Grafiken widmen sich dagegen genau diesem Thema.

Die erste Abbildung zeigt die allgemeine Zufriedenheit in verschiedenen Ländern Europas, unterteilt nach Einkommensschichten. Die Daten des statistischen Amts der Europäischen Union geben die Antworten auf die Frage wieder, wie die befragten Personen ihre allgemeine Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 10 einstufen. Innerhalb der Länder bestätigt sich die Tendenz aus den angesprochenen Ländervergleichen. In allen Ländern aus dem Datensatz gehen höhere Einkommen mit höheren Zufriedenheitszahlen einher. Überraschend sind aber die Unterschiede zwischen den Ländern. Die oberste Einkommensstufe Portugals zum Beispiel erreicht mit einem Indexwert von 7 nicht einmal das Zufriedenheitsgefühl der untersten Einkommensstufe in der Schweiz (7,7). Und wie Portugal geht es noch fünf weiteren der Länder. Das mag natürlich verschiedene methodische, kulturelle und auch monetäre Ursachen haben – eindrücklich bleibt es trotzdem.


Es heisst nämlich nichts weniger, als dass in der Schweiz auch die untersten Einkommen zufriedener sind als anderswo die höchsten. Das ist beruhigend – es könnte ein Hinweis darauf sein, dass Viele sich bewusst sind, in welch glücklicher Lage sie hierzulande sind. Aber wie genau ist die Zufriedenheit innerhalb der Schweiz verteilt?

Ziemlich gleichmässig, lässt der geringe Abstand von 0.7 Indexpunkten zwischen der untersten und der obersten Einkommenskategorie vermuten. In Serbien dagegen, am anderen Ende der Glücksverteilung, scheinen die Unterschiede ausgeprägter. Mit 3,7 auf einer Skala von 1 bis 10 stufte hier die unterste Einkommensklasse ihre Zufriedenheit 2,7 Indexpunkte tiefer ein als die oberste Einkommensschicht.

Besser interpretieren lassen sich solche Unterschiede im subjektiven Empfinden anhand einer Arbeit zu einem ähnlichen Themenfeld von Eduarte Bericat, einem Ökonomen an der Universität Sevilla. Mit Daten aus dem European Social Survey und dem Socioemtional Well-Being Index hat er die Verteilung von Glück mit der Einkommensverteilung verglichen. Mit dem Socioemotional Well-Being Index wird eine multidimensionale subjektive Zufriedenheit gemessen. Einbezogen werden verschiedene Aspekte des emotionalen Zustandes der befragten Personen (z.B. zum Alleinsein, Glücklichsein, Optimismus und zur Energie).

Das gefühlte Glück ist, so Bericat, insgesamt ziemlich gleichmässig verteilt. Die untenstehende Abbildung zeigt den Gini-Index des Glücks für 2012 und 2006. Der Gini-Index (ein Verteilungswert zwischen 1 und 100, je höher der Wert, desto ungleicher die Verteilung) variiert zwischen den Ländern gerade mal zwischen rund 9 und 17 Indexpunkten (vgl. Abbildung 2) – das sei fast 2,5 mal gleicher als die Ungleichheit der Einkommen im selben Zeitraum. Die Schweiz führt, zusammen mit Norwegen, die Rangliste an. 9,5 betrug hier der so gemessen Glücks-Gini im letzten verfügbaren Jahr – nachdem sechs Jahre zuvor Norwegen noch ganz leicht die Nase vorn hatte. Einen Blick wert ist auch die Entwicklung: Von den 21 Ländern, für die der Datensatz Angaben bietet, hat die Ungleichheit des Glücks nur in sieben zugenommen. Zwei blieben im beobachteten Zeitraum konstant. Bei zwölf ist die Ungleichheit gesunken.


Diese Entwicklung kann natürlich überraschen. Einfluss haben könnten verschiedenste Faktoren, zum Beispiel das wirtschaftliche Wachstum, der Zugang zu öffentlichen Leistungen, oder dass immer mehr Menschen dank steigendem Wohlstand die Möglichkeit haben, ihre Träume fernab von Einkommens- und Konsummaximierung verwirklichen zu können (ourworldindata.org). Gerade dieser letzte Punkte ist es wohl, der für viele (aber natürlich nicht für alle) nach der Erfüllung der existenziellen Grundlagen mittlerweile Antrieb im täglichen Leben ist. Grund genug also, die Verteilungsdebatte um einen weiteren Aspekt zu ergänzen.