Vergangenen Winter demonstrierten europaweit Bäuerinnen und Bauern gegen Sparmassnahmen in der Agrarpolitik. Sie blockierten mit ihren Traktoren Autobahnauffahrten und Innenstädte. Auch in der Schweiz führte der zunehmende Spardruck zu Protesten: Im Februar wurde eine Petition mit über 65’000 Unterschriften an den Bundesrat übergeben, um zu verhindern, dass auf Kosten der Landwirtschaft gespart wird.

Einsparungen im Agrarbudget würden durchaus ins Gewicht fallen. Der Bund hat letztes Jahr 3,7 Mrd. Fr. für das Agrarbudget aufgewendet, was 4,5 Prozent seiner Gesamtausgaben entspricht. Rund drei Viertel dieser Ausgaben entfallen auf Direktzahlungen; der Rest wird für Produktions- und Absatzförderung sowie für Strukturverbesserungen und soziale Massnahmen ausgegeben. Hinzu kommen rund 160 Millionen Landwirtschaftsausgaben ausserhalb des Agrarbudgets und 300 Millionen bei den Kantonen.

Rosarotes Sparschwein im Lavaux-Weinanbau-Gebiet, Genfersee und Berge im Hintergrund. (KI-Bild)

Wo der Bund Geld verschwendet. (Ernie Ernst, Avenir Suisse, mit KI-Unterstützung)

Der grösste Teil dieser Ausgaben, rund 97 Prozent, sind Subventionen. Aus ökonomischer Sicht sind Subventionen grundsätzlich kritisch zu sehen: Sie führen zu Marktverzerrungen, Fehlanreizen und zementieren bestehende Strukturen (vgl. auch «Die Schweiz – das Land der Subventionen»). Ein Übersichtsbericht der eidgenössischen Finanzkontrolle hielt im April 2024 fest, dass der Optimierungsbedarf bei den Bundessubventionen – auch in der Landwirtschaft – gross ist. Eine Studie des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik kam zu einem ähnlichen Schluss.

Sparpotenzial ausserhalb des Agrarbudgets

Der grösste Kostenblock liegt aus volkswirtschaftlicher Sicht jedoch nicht im eigentlichen Agrarhaushalt. In der öffentlichen Diskussion werden oft nur die 2,8 Mrd. Fr. Direktzahlungen an die Bauern erwähnt; im besten Fall das Agrarbudget von 3,7 Mrd. Franken. Die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten sind jedoch um ein Vielfaches höher, wie das «Privilegienregister der Landwirtschat» von Avenir Suisse zeigt. Diese summieren sich auf über 20 Mrd. Franken.

Zu den zusätzlichen Kosten zählen beispielsweise Privilegien wie die Befreiung von der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) für landwirtschaftliche Fahrzeuge oder der niedrigere Eigenmietwert und Abschreibungsmöglichkeiten auf Wohnbauten im Geschäftsvermögen. Einige dieser Privilege mögen inhaltlich gerechtfertigter sein als andere. Gesamthaft sorgen die verschiedenen Ausnahmeregelungen für die Landwirtschaft beim Bund und bei den Kantonen aber für Mindereinnahmen und Mehrausgaben von über 400 Mio. Franken.

Einen weiteren grossen Kostenblock bilden die ökologischen Schäden, die durch die intensive Produktion subventionierter Bauernbetriebe entstehen. Die Folgen sind ein Rückgang der Biodiversität, Pestizidrückstände in der Umwelt und Treibhausgasemissionen. Trotz milliardenschwerer Direktzahlungen erreichte die Landwirtschaft keines der vom Bund gesetzten Umweltziele. Eine abschliessende Berechnung ist schwierig, doch die Umweltkosten summieren sich gemäss Schätzungen auf bis zu 7,6 Mrd. Franken.

Neben den Kosten der Umweltbelastungen fallen volkswirtschaftlich insbesondere die Schutzmassnahmen ins Gewicht. Der Staat schützt die Landwirtschaft durch hohe Zölle auf landwirtschaftliche Produkte. Dies treibt das Preisniveau für Lebensmittel in der Schweiz laut Schätzungen der OECD um rund 3 Mrd. Fr. nach oben. Diese Kosten tragen die Konsumentinnen und Konsumenten zusätzlich zu den 4,1 Mrd. Fr., die sie bereits als Steuerzahler aufwenden.

Privilegien abschaffen

Die Einsparpotenziale in der Landwirtschaft sind folglich erheblich – nicht nur für den Bund, sondern gerade auch für die Konsumenten. Für letztere würde die Aufhebung des Grenzschutzes am meisten bringen, jedoch wiederum beim Bund – wenn auch in deutlich geringerem Ausmass – zu Ausfällen führen. Beim Bund würde hingegen schon die Abschaffung besonders widersprüchlicher Subventionen und schädlicher Privilegien dem Staat hunderte Millionen Franken einsparen (vgl. «Diese Staatsausgaben gefährden Ihre Gesundheit»). Das liesse sich ohne eine von den Bauern besonders gefürchtete Kürzung der Direktzahlungen realisieren.

Dass bereits kleinere Sparvorhaben in der Landwirtschaft aber schwer durchzusetzen sind, zeigt ein aktuelles Beispiel. Im vergangenen Dezember hat der Bundesrat trotz angespannter Haushaltslage die Treibstoffsubvention verlängert. Bäuerinnen und Bauern dürfen weiterhin rund 60 Rappen günstiger tanken. Insgesamt geht es um rund 65 Mio. Fr. pro Jahr. Dies ist nicht nur finanzpolitisch problematisch, sondern auch aus ökologischer Perspektive fragwürdig. Obwohl deswegen nun eine Motion zur Abschaffung der Rückerstattung eingereicht wurde, bleibt deren Erfolg ungewiss, und der Widerstand der Landwirte ist bereits absehbar.

Für Agrarausgaben gilt damit, was für einen grossen Teil des Bundeshaushalts gilt: Einmal eingeführte Subventionen und Privilegien sind kaum wieder abzuschaffen. In den vergangenen Jahren wurden die Landwirtschaftssubventionen stärker an Kriterien wie Umweltschutz und Tierwohl geknüpft. Das Problem ist jedoch, dass sich die Zahlungen immer noch zu sehr an starren Regeln und zu wenig an messbaren Zielen orientieren. In der Schweiz regeln rund 4000 Seiten an Gesetzes- und Verordnungstexten, was die Bauern dürfen und was nicht. Gleichzeitig fehlt eine saubere Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen oder eine zeitgemässe Definition der Versorgungssicherheit. Daher ist eine umfassende Reform der Agrarpolitik dringend notwendig.

Sparpotenzial im Bundeshaushalt: jährlich mindestens 360 Mio. Franken

 

Eine einfache Berechnung ermöglicht die Abschätzung eines kurzfristig möglichen Sparvolumens. Von 2007 bis 2022 hat sich die Anzahl der Bauernbetriebe um 22 Prozent verringert, während die Zahl der Beschäftigten im primären Sektor um 14 Prozent gesunken ist. Dies führt dazu, dass immer mehr Geld pro Betrieb oder Arbeitskraft verteilt wird. Um die durchschnittliche Unterstützung pro Betrieb konstant zu halten, könnten also alleine dadurch etwa 10 Prozent oder 360 Mio. Fr. eingespart werden, wie kürzlich berechnet wurde.

Dieses Einsparpotenzial könnte einerseits bei der besonders fragwürdigen Absatzförderung im Umfang von rund 63 Mio. Fr. realisiert werden. Andererseits könnte bei den Privilegien angesetzt werden. Eine Reform der Familienzulagen könnte rund 43 Mio. Fr. einsparen. In der Landwirtschaft werden diese Zulagen grösstenteils von der öffentlichen Hand übernommen, obwohl sie normalerweise vom Arbeitgeber bezahlt werden. Laut dem Privilegienregister von Avenir Suisse könnten zudem ausserhalb des Agrarbudgets über 250 Mio. Fr. eingespart werden. Die ausgewählten Vorschläge zeigen: Es gibt genügend Hebel, um den Rotstift anzusetzen.

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