Der Nationalrat hat letzte Woche entschieden, dass die Hotellerie in der Schweiz dauerhaft in den Genuss eines Sondersatzes bei der Mehrwertsteuer von 3,8 statt 8% kommen soll. Damit soll der kriselnden Tourismusindustrie weiter unter die Arme gegriffen werden. Dies ist nicht nur ein Musterbeispiel dafür, wie ursprünglich temporäre Stützungen im politischen Prozess in der Regel zu dauerhaften werden. Der Sondersatz für die Hotellerie steht auch exemplarisch für die diversen steuerseitigen Unterstützungsmassnahmen, die das Schweizer Recht kennt. Was ist von solchen zu halten?
Der politische Reiz von Steuervergünstigungen
Steuervergünstigungen und Steuerabzüge gehören zu den beliebtesten politischen Instrumentarien. Kein Wunder, denn sie gelten als unbürokratische und einfach umzusetzende Unterstützung für bestimmte Verhaltensweisen. Der Staat muss keine neuen Ausgaben finanzieren, er erhält «bloss» weniger Einnahmen. Oft werden Steuervergünstigungen daher sogar als «liberale Staatsintervention» betitelt, was unter anderem daran liegt, dass sich mit ihnen die formelle Staatsquote auf den ersten Blick nicht zu erhöhen bzw. sogar zu senken scheint.
So einfach ist die Sache jedoch nicht: Erstens zielen auch steuerseitige Massnahmen, d.h. besonders Steuerabzüge, darauf ab, ein bestimmtes Verhalten zu belohnen oder zu sanktionieren. Sie unterscheiden sich damit in ihrer ökonomischen Wirkung nicht von regulären Subventionen. Entsprechend müssen sie oft als verzerrend und gesamtwirtschaftlich schädlich bezeichnet werden.
Zweitens impliziert jeder Steuerabzug entweder eine parallele Reduktion der Ausgaben oder aber eine Steuererhöhung, die von jemand anderen getragen werden muss. Es gibt diesbezüglich keinen Unterschied zu einer regulären Ausgabenerhöhung. Drittens ist die Belastung durch einen Steuerabzug relativ schwer steuer- und prognostizierbar. Während eine Subvention in ihrem Umfang ex-ante über das Staatsbudget einfach begrenzt werden kann, kann man die entgangenen Einnahmen einer Steuervergünstigung höchstens ungefähr prognostizieren. Auch kann die Inanspruchnahme eines Steuerabzugs über die Zeit schwanken.
Betrifft ein Steuerabzug viertens eine progressive Steuerart (z.B. die Einkommensteuer), so steigt die Subvention mit der Höhe des Einkommens, was wohl nur selten politisch explizit gewollt ist. Fünftens sind Subventionen durch Steuervergünstigungen relativ intransparent. Die Kosten erscheinen in keinem offiziellen Staatsbudget und werden daher öffentlich kaum wahrgenommen.
Steuerabzüge können vereinzelt sinnvoll sein, aber nicht bei der MWST
Steuerabzüge sollten trotz dieser Vorbehalte nicht a priori abgelehnt werden. Einerseits können sie systemisch bedingt sinnvoll sein, anderseits werden Subventionen über Steuervergünstigungen tendenziell weniger an zusätzliche politische Bedingungen geknüpft und sind tatsächlich weniger bürokratisch.
Die Publikation «Liberales Schattenbudget – Finanzpolitik im Härtetest, Teil 2» schlägt als Beispiel für die Beseitigung volkswirtschaftlich ineffizienter Subventionen eine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer auf einen Satz für alle Produkte und Dienstleistungen vor. Die Auswirkung davon wäre ein markanter Rückgang der Bürokratiekosten für Unternehmen und in der Verwaltung. Leider ist der Einheitssatz bei der Mehrwertsteuer politisch bis jetzt immer gescheitert. Der zementierte Sondersatz für die Hotellerie lässt leider nicht erwarten, dass sich dies bald ändern würde.