Die Siedlungsfläche in der Schweiz ist in den vergangenen Jahrzehnten rasant gewachsen. Dies ist auf ein starkes Bevölkerungswachstum und auf eine wenig griffige Raumplanung zurückzuführen. Der Problemdruck und der allgemeine Unmut über Zersiedlung, exzessiven Zweitwohnungsbau und verschandelte Ortsbilder haben im Jahr 2013 erfreulicherweise zur Revision des Raumplanungsgesetzes geführt.
Das Waldgesetz verhindert eine sinnvolle Interessenabwägung
Dieser raumplanerischen Interessenabwägung entzogen bleibt der Wald, weil er absoluten Schutz geniesst. Wald bedeckt fast einen Drittel der Landesfläche (31%). Die Umnutzung von Waldflächen ist nach Bundesrecht quasi verboten, und somit geht die Ausdehnung des Siedlungsgebietes weitgehend zulasten des Kulturlands. Gemäss Arealstatistik entstanden 90% der neuen Siedlungsflächen auf ehemaligem Landwirtschaftsland, aber weniger als 10% auf ehemaligen Wald- oder Gehölzflächen (vgl. Abbildung).
Die Raumplanung ist letztlich eine Bodennutzungsplanung. Ihre Kernaufgabe ist es, unterschiedliche Ansprüche an die knappe Ressource Boden zu koordinieren und allfällige Nutzungskonflikte durch eine vorausschauende Planung zu lösen. Nahezu einen Drittel der Schweizer Landesfläche von dieser Interessenabwägung auszunehmen, schafft eine Unwucht im raumplanerischen Gefüge und ist nicht mehr zeitgemäss.
Das strikte Waldgesetz war eine Reaktion auf massive Rodungen infolge der industriellen Revolution vor 140 Jahren. Diese hatten zu einer starken Dezimierung des Waldbestands geführt und damit zu Erosion, Überschwemmungen und Erdrutschen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Waldes und die raumplanerische Problemlage präsentieren sich heute ganz anders. Daher braucht es eine Lockerung des Waldgesetzes – im Sinne einer griffigen und umfassenden Raumplanung ohne Tabuzonen.
Das vollständige Essay erschien unter dem Titel «Der aktuelle Reformschub in der Raumplanung soll auch das Waldgesetz umfassen» in der Schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen, 04/2015.