Die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G hat in der Schweiz hohe Wellen geworfen. Verschiedene Bürgerbewegungen befürchten, dass sich die neue Technologie negativ auf Mensch und Umwelt auswirken könnte. Neben drastischen Einschränkungen der Mobilfunktechnologie wird auch ein generelles 5G-Moratorium erwogen. In dieser Analyse untersucht Avenir Suisse die potenziellen Folgen solcher Massnahmen.
Wir ordnen den neuen Mobilfunkstandard in einen grösseren Kontext ein und fragen: Was wäre gewesen, wenn die Schweiz einst 3G verboten hätte? Der Blick in die Vergangenheit macht deutlich, wie zentral eine moderne Telekominfrastruktur für Innovation und Fortschritt ist. Zum gleichen Schluss kommt auch, wer die jüngsten Verwerfungen zwischen den geopolitischen Machtblöcken analysiert: Die USA, China und die EU ringen um die Technologieführerschaft im Mobilfunkbereich.
Dass ein globales Wettrennen um 5G entbrannt ist, überrascht angesichts der Chancen dieser neuen Technologie nicht. Erstaunlich ist die Situation hingegen in der Schweiz, denn das Verdikt der Wissenschaft ist klar: In über 40 Jahren Mobilfunk konnten unterhalb der geltenden Grenzwerte schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit nicht konsistent nachgewiesen werden. Trotzdem erfahren Mobilfunkgegner hierzulande viel Zuspruch. In der Folge wird die Modernisierung der Telekominfrastruktur schon heute massiv behindert – teilweise sogar mit verfassungswidrigen Massnahmen.
Einleitung
Während der Coronavirus-Pandemie ist für viele zu Hause bleiben angesagt. Videokonferenzdienste, Streaming-Angebote oder Hauslieferservices erfahren in der Folge eine hohe Nachfrage. Damit diese Dienstleistungen aber einwandfrei funktionieren, braucht es im Hintergrund eine leistungsfähige Telekominfrastruktur, die permanent ausgebaut werden muss. Gerade diese Modernisierung ist in der Schweiz jüngst unter Beschuss geraten. So wollen verschiedene Bürgerbewegung die Einführung des neuen Mobilfunkstandard 5G verhindern. Gleich fünf Komitees arbeiten derzeit an verschiedenen Volksinitiativen zu diesem Thema; einen solchen Initiativenwettbewerb zur Abwehr einer neuen Technologie hat das Land noch nie gesehen.
Beim Kampf gegen die Modernisierung der Telekominfrastruktur wird mit harten Bandagen gekämpft. Die «kollektive Zwangsbestrahlung» rechtfertigt für viele einen beherzten Widerstand, es geht gemäss Initianten um nichts Geringeres als das Überleben von Mensch, Tier und Natur. Um diesem Narrativ zum Durchbruch zu verhelfen, werden auch einmal Falschinformationen wie die angeblich wegen 5G-Strahlung vom Himmel fallenden Vögel in Den Haag verbreitet (Antennenbureau, 2020; Nowotny, 2018).
Kein Wunder, gehen Wissenschafter und gemässigte Politiker zunehmend in Deckung; Fakten gehen im emotionsgeladenen Furor unter. Während bei der Klimadebatte der breite wissenschaftliche Konsens als Argument ins Feld geführt wird, werden Forschungsresultate im Telekombereich ausgeblendet oder als Lobbying-Instrument der Industrie diskreditiert.
Das Erstarken dieses wissenschafts- und technologiefeindlichen Narrativs ist bedenklich. Wie wir in dieser Analyse zeigen, hätte gerade im Infrastrukturbereich ein Technologieverbot gravierende Folgen. Infrastrukturen dienen als Grundlage für darauf aufbauende Innovationen. Wenn eine zentrale Infrastruktur nicht mehr modernisiert wird, behindert das nachhaltig die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Die im Raum stehenden radikalen Forderungen im Mobilfunkbereich dürfen deshalb keineswegs auf die leichte Schulter genommen werden – zumal sie bereits heute Wirkung entfalten.
1_Die Mobilfunkinfrastruktur – eine Einordnung
Ein technologischer Standard für die drahtlose Kommunikation ist etwas Abstraktes. Man kann die Auswirkungen eines neuen Mobilfunkstandards nicht intuitiv erfassen – sowohl die künftigen Risiken als auch die Chancen bleiben diffus. Das mag die derzeitige Verunsicherung teilweise erklären. Die heftigen Reaktionen auf die Einführung von 5G haben aber doch die meisten Beobachter überrascht. Die Überraschung war umso grösser, als dass sich der Mobilfunk ja schon seit Jahrzehnten weiterentwickelt und von der Bevölkerung breit verwendet und geschätzt wird.
Mobilfunktechnologie entwickelt sich in Schüben
92% der Schweizer haben mittlerweile ein Smartphone (Deloitte, 2018) und nutzen es tagtäglich in dem immer schneller werdenden Mobilfunknetz. Das Kürzel 5G – kurz für «5. Generation des Mobilfunks» – hält bereits fest, dass der Mobilfunk in der Vergangenheit sich mehrmals weiterentwickelt hat. Zudem deutet die Zahl an, dass dieser Prozess nicht kontinuierlich, sondern in Etappen fortschreitet (vgl. Abbildung 1).
Die schubweise Entwicklung des Mobilfunks rührt daher, dass es sich bei der Telekombranche um ein globales und technologisch eng verzahntes Ökosystem handelt. Ein solches kann nur effizient funktionieren, wenn die Weiterentwicklung international koordiniert wird: Die drahtlose Übertragungstechnik benötigt länderübergreifende Standards. Diese stellen sicher, dass die Komponenten der einzelnen Hersteller sowohl untereinander als auch in den verschiedenen Ländern funktionieren.
In der Regel dauert ein Standardisierungsprozess mehrere Jahre, wobei es auch innerhalb eines Mobilfunkstandards Weiterentwicklungen gibt – so auch bei dem heute in der Schweiz dominierenden 4G (Long Term Evolution, LTE). Die grossen Verbesserungen kommen aber nur alle paar Jahre, und 5G markiert nun den jüngsten dieser Technologiesprünge.
Bei einer Infrastruktur zählen die Zweit- und Drittrundeneffekte
Auf den ersten Blick scheint 5G alles andere als bahnbrechend zu sein. Der neue Standard soll wie seine Vorgänger eine schnellere und effizientere drahtlose Verbindung ermöglichen. So weit, so bekannt. Doch diese technischen Verbesserungen sind nur der Anfang.
Spannend an einer modernisierten Infrastruktur ist, dass sie Innovationen ermöglicht, an die vorher noch niemand gedacht hat – beispielsweise das Smartphone. Allerdings sind auch diese Zweitrundeneffekte noch nicht das Faszinierende. Wirklich beeindruckend sind die Drittrundeneffekte, welche die auf neuen Infrastrukturen aufbauende Innovationen noch einmal weiterdrehen – also zum Beispiel Apps und Dienstleistungen, die dank Smartphones entwickelt werden konnten, oder auch neue Geräte wie Drohnen, Heizungen oder Beleuchtungen, die mit Smartphones gesteuert werden.
Insofern geht es bei einem neuen Mobilfunkstandard nicht einfach darum, etwas besser oder schneller zu erledigen – also das vielzitierte Katzenvideo, das nun noch schneller heruntergeladen werden kann. Vielmehr werden völlig neue Handlungsoptionen eröffnet. Eine verbesserte Infrastruktur ist immer Basis für Innovationen. Nichts zeigt das besser als die Vergangenheit.
2_Was wäre, wenn die Schweiz 3G verboten hätte?
Gerade die Zweit- und Drittrundeneffekte eines Technologiesprungs können erst im Rückblick in ihrer Ganzheit erfasst werden. Um die Auswirkungen eines möglichen 5G-Moratoriums auf die Schweiz einordnen zu können, bedienen wir uns deshalb eines Gedankenspiels. Dafür verlassen wir für einen Moment das Jahr 2020, drehen das Rad der Zeit um knapp 20 Jahre zurück und fragen uns: Was wäre, wenn die Schweiz 3G verboten hätte? Im Folgenden wird also ein fiktives Szenario entworfen (vgl. Box).
Szenario:
Ein folgenreiches Verdikt des Schweizer Stimmvolks
Am 3. März 2002 wird an den Urnen über die «Volksinitiative für strahlungsarme Lebensräume und nachhaltigen Mobilfunk ohne 3G (Lebensqualitätsinitiative)» entschieden. Die Kommentatoren erwarten an diesem Abstimmungssonntag das Resultat mit Spannung. Erst spät am Abend steht fest, dass die Initiative mit gerade einmal 50,3% angenommen wurde – das Ständemehr wurde knapp erreicht. Damit tritt per sofort ein 20-jähriges 3G-Moratorium in Kraft, das jegliche Aufrüstung des Mobilfunknetzes mit neuen Funktechnologien verbietet.
Dem Verdikt des Stimmvolks war ein emotional geführter Abstimmungskampf vorangegangen. Besonders die Telekomanbieter machten sich stark für ein Nein an der Urne, schliesslich hatten sie erst vor eineinhalb Jahren die für 3G notwendigen Frequenzen für 205 Mio. Fr. erworben. Auch die Wirtschaftsverbände weibelten mit einer aufwändigen Kampagne und geschlossen gegen die Initiative – es sollte nichts nützen.
In den Monaten nach der Annahme der Initiative sind zunächst keine merklichen Veränderungen zu spüren. Einzig der von den Telekomfirmen angestrengte Rechtsstreit findet Eingang in die Medien: Swisscom, Orange, Sunrise und Telefónica verlangen vom Bund sowohl den für die Frequenzen bezahlten Preis als auch die Auslagen für die Auktion zurück. Das beschäftigt aber vor allem juristisch Interessierte, für die meisten Bewohner ist der Abstimmungssonntag rasch vergessen. Schliesslich sind viele der damals verbreiteten Mobiltelefone wie das Nokia 3310 noch nicht für mobiles Internet konzipiert – und Telefonie und SMS funktionieren auch ohne 3G einwandfrei.
Ein gutes Jahr nach der Abstimmung bringt die NZZ eine kurze Geschichte über das sich wandelnde Geschäftsleben in Japan. Dort würden, so der Artikel, Manager auch unterwegs E-Mails lesen und beantworten. Ein zu Wort kommender Top-Manager einer Schweizer Grossbank beklagt sich darüber, dass das hierzulande leider nicht möglich sei. Diese Aussage wird in einer Replik der Mobilfunkgegner umgehend als Zwängerei von Bonzen und Kapitalisten angeprangert – noch erkennt kaum jemand das wirkliche Potenzial des mobilen Internets.
Die Neuerfindung des Telefons
Das ändert sich am 9. Januar 2007, als ein gewisser Steve Jobs auf einer Bühne in San Francisco mehrmals betont: «Heute werden wir das Telefon neu erfinden». Er sollte recht behalten – und dank dem damals lancierten iPhone seine Firma Apple innert einer Dekade zum wertvollsten Unternehmen der Welt machen. In der Schweiz häufen sich nach der iPhone-Lancierung plötzlich kritische Artikel zum 3G-Moratorium. Besonders Jugendliche und technikaffine Bürger möchten alle Funktionen der neuen Smartphones nutzen.
Mit dem Einsetzen des Smartphone-Zeitalters nimmt die mobile Internetnutzung weltweit rasant zu. Damit nehmen auch die negativen Auswirkungen des 3G-Moratoriums exponentiell zu. Während die Menschen in den Nachbarländern die neuen Möglichkeiten zu schätzen lernen, suchen Schweizerinnen und Schweizer mühsam ihren Weg im Alltag – mithilfe von auf Papier ausgedruckten Landkarten, an Automaten bezogenen Billetten und Fahrplan-Leporellos.
Smartphone-Apps wie beispielsweise Google Maps oder Whatsapp sind ohne ausgebauten Mobilfunk nur wenig hilfreich. Sie werden hierzulande erst verzögert eingeführt. Auch gewisse Apps werden hier gar nicht erst entwickelt oder auf den Markt gebracht. Ab 2010 wird immer offensichtlicher, dass mit einem veralteten Mobilfunknetz merkliche Einbussen bei der Lebensqualität einhergehen.
Ohne effiziente mobile Internetinfrastruktur ist die digitale Übermittlung von Informationen sperrig. So gestaltet sich das Arbeiten von unterwegs weitaus schwieriger als im Ausland, wo die Technologie längst den Alltag erobert hat. Während einer Zugfahrt kurz auf das Firmennetzwerk zugreifen, bei einer Grillparty im Wald den neusten Hit abspielen, oder ein Erinnerungsfoto vom Pistenrand nach Hause schicken, all das ist auf der ganzen Welt völlig normal – nur nicht in der Schweiz.
Besonders der für das Land wichtige Fremdenverkehr leidet unter dem Moratorium. In den einschlägigen Foren häufen sich erboste Kommentare von Touristen, die sich über das technologisch rückständige Land beklagen: Nichts könne mit dem Smartphone oder Tablet unterwegs organisiert werden, für alles brauche es einen Drucker oder Broschüren – ganz abgesehen davon seien der Service sowie die Preise der lokalen Taxis eine absolute Zumutung. Auf Instagram, Pinterest und Youtube findet die Schweiz fast nicht statt – Influencer machen einen Bogen um «The dark spot in digital Europe», wie das Land in einem Artikel des Economist betitelt wird.
Die öffentliche Meinung ist derweil noch immer in zwei Lager geteilt. Gegner des Moratoriums beklagen die technologische Abschottung und Rückständigkeit der Schweiz, während Befürworter die negativen Konsequenzen des mobilen Internets betonen. Sie warnen vor der 24/7-Gesellschaft, dem digitalen Burnout und dem Verlust von Arbeitsplätzen. Gerade Letzteres kann aber nicht erhärtet werden – im Gegenteil.
Künstlicher Strukturerhalt hilft etablierten Firmen
Vor allem innovative und wachsende Wirtschaftssektoren wie die Pharmaindustrie oder die Tech-Branche leiden unter dem Moratorium. Meldungen über Stellenabbau machen wiederholt die Runde. Start-ups werden vermehrt im Ausland gegründet oder wandern ab. Universitäten beklagen sich über ausbleibende Bewerbungen – wer will schon in einem Land mit einer Infrastruktur von gestern an Technologien für morgen forschen? Der Schweiz gehen zunehmend wertvolles Wissen und qualifizierte Arbeitsplätze verloren. Erfolgsgeschichten von Schweizer IT-Unternehmen hört man 15 Jahre nach der Annahme der «Lebensqualitätsinitiative» kaum.
Einzelne etablierte Wirtschaftszweige haben sich indessen ganz gut mit dem 3G-Moratorium arrangiert. Während beispielsweise die ausländische Medien- und Telekombranche vom Strukturwandel in voller Wucht erfasst wurde, befindet sich der Schweizer Markt unter einer schützenden Käseglocke, an der so manche technologische Neuerung abprallt. Einzelne Zeitungsverleger sprechen sich auf einmal sogar für das 3G-Moratorium aus, denn mit dem langsamen Schweizer Mobilfunknetz können auf mobilen Geräten kaum Nachrichten konsumiert werden. Twitter und andere soziale Medien weisen in der Schweiz die kleinste Nutzung im westeuropäischen Vergleich auf; in den Zügen dominiert noch immer das Bild des zeitungslesenden Reisenden.
Hinter vorgehaltener Hand erklärt sich auch mancher Telekom-Firmenchef glücklich über die jüngsten Entwicklungen. Nachdem der jahrelange Rechtsstreit wegen der unnötig erworbenen 3G-Frequenzen gewonnen wurde, freuen sich die Mobilfunkanbieter darüber, dass in der Schweiz mit SMS und Telefonminuten weiterhin leichtes Geld verdient werden kann. Durch das 3G-Moratorium sind sie weitgehend vor der globalen Konkurrenz von WhatsApp, Skype und anderen Instant-Messaging-Diensten geschützt.
Die Zeche für diese Konservierung veralteter Strukturen zahlen die Schweizer Konsumenten. Egal ob für Nachrichten unterwegs oder einfache Telekomdienstleistungen, im Vergleich zum Ausland müssen sie tief ins Portemonnaie greifen. Es ist der Preis für den verpassten Anschluss an die Digitalisierung. Wirtschaft und Zivilgesellschaft, allen voran die Jugend, fordern deshalb immer vehementer die Aufhebung des 3G-Moratoriums. Die dafür notwendige Verfassungsänderung kann jedoch nicht so einfach herbeigeführt werden. Und so schreibt die Schweiz im Jahr 2020 noch immer SMS für 20 Rappen das Stück, während sich andere Länder bereits dem 5G-Standard zuwenden.
Was das Szenario nicht erfassen kann
Der Blick zurück macht deutlich, wie viel sich seit der Einführung von 3G verändert hat. Als Basisinfrastruktur hat der Mobilfunk, ähnlich wie die Elektrizität, unseren Alltag komplett durchdrungen. Nicht alles kann im Szenario aber adäquat dargestellt werden. Was unter einem 3G-Moratorium gar nicht erst passieren würde, bleibt eine Leerstelle. Im Folgenden soll deshalb aufgezeigt werden, was sich hinter dem Satz verbirgt: «Gewisse Apps werden hierzulande gar nicht erst entwickelt oder auf den Markt gebracht.»
Beispiel 1: SBB-Mobile-App
Schnell unterwegs die beste Verbindung suchen oder ein günstiges Billet für den Wochenendausflug sichern. Die SBB-Mobile-App hat die Nutzung des öffentlichen Verkehrs vereinfacht und kundenfreundlicher gemacht. Im Jahr 2018 hat die SBB fast gleich viele Billette und Abonnemente über digitale Kanäle wie über Automaten verkauft – Tendenz steigend. Der grösste Teil der Verkäufe über digitale Kanäle der SBB werden heute über die SBB-Mobile-App getätigt. Die App wurde im Jahr 2008 lanciert und seither über 13 Millionen Mal heruntergeladen. Sie hat heute 3,4 Millionen aktive Nutzer, die sie mindestens einmal pro Monat verwenden. (SBB, 2020)
Beispiel 2: Meteo Schweiz
Das Wetter ist ein ständiger Begleiter, und mit dem Smartphone ist man auch unterwegs für den nächsten Platzregen gewappnet. Die App von Meteo Schweiz zählt seit der Veröffentlichung im Jahr 2013 rund 10 Mio. Downloads. Heute nutzen 0,5 bis 1,2 Mio. Personen täglich den Regenradar und andere Wettervorhersagen. Mit dem technologischen Wandel haben alte Formate an Bedeutung verloren. So nutzt kaum jemand noch die telefonische Wetterauskunft (Meteo Schweiz, 2020).
Diese Apps wären unter einem 3G-Moratorium in der bekannten Form wohl nicht entwickelt worden; auf jeden Fall wäre ihr Nutzen ohne mobiles Internet merklich reduziert gewesen. Nicht von konsumentenfreundlichen Apps, sondern von Arbeitsplätzen handelt eine andere Leerstelle, die sich hinter dem Satz verbirgt: «Erfolgsgeschichten von Schweizer IT-Unternehmen hört man 15 Jahre nach der Annahme der ‹Lebensqualitätsinitiative› kaum.»
Beispiel 3: Beekeeper
Beekeeper wurde im Jahr 2012 von vier Universitätsabsolventen gegründet. Das Produkt: Eine Team-App, um die Kommunikation mit Mitarbeitern über eine digitale «Mobile-first»-Plattform zu ermöglichen. Damit sollen besonders Aussendienstmitarbeiter einfacher erreicht werden können und informiert bleiben. Heute beschäftigt Beekeeper rund 100 Mitarbeiter in der Schweiz und 75 im Ausland. Die Firma hat über 500 Firmenkunden weltweit (Beekeeper, 2020).
Beispiel 4: Fairtiq
Die Idee hinter Fairtiq ist simpel: Warum kann das Smartphone im Hintergrund bei der Nutzung von Bahn, Bus und Tram nicht automatisch ein Billet lösen? Das erste Konzept für das automatische Ticketings von Fairtiq wurde 2014 erarbeitet. Seit 2018 ist die App schweizweit für den ganzen ÖV nutzbar, und mittlerweile ist Fairtiq auch in den Niederlanden, Österreich, Liechtenstein und Deutschland in solche Projekte involviert. Heute arbeiten 50 Angestellte von Fairtiq in der Schweiz und 4 im Ausland. Die App wurde hierzulande bisher 370’000 Mal heruntergeladen. Im Jahr 2019 wurden total 6,3 Mio. Fahrten über Fairtiq getätigt (Fairtiq, 2020).
Beispiel 5: Bestmile
Das Westschweizer Start-up wurde im Jahr 2014 gegründet, heute arbeiten rund 45 Mitarbeiter in Lausanne und 15 weitere in San Francisco, London und Dubai. Bestmile ist eine Plattform zur Überwachung und Steuerung von Fahrzeugflotten, damit sich das richtige Fahrzeug, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort befindet. Derzeit werden zwei personengesteuerte Flotten und 15 Flotten von selbstfahrenden Fahrzeugen mit Bestmile organisiert (Bestmile, 2020).
Bereits heute schaffen diese Tech-Start-ups Arbeitsplätze im Land. Ob alle diese Jungunternehmen auch langfristig Erfolg haben werden, ist natürlich ungewiss. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass sie in einer Schweiz mit einem 3G-Moratorium kaum je gegründet worden wären. Ein ähnliches Argument dürfte auch für internationale Tech-Konzerne gelten. Einige von ihnen haben in den letzten Jahren die Schweiz als wichtigen Standort für Forschung und Entwicklung ausgewählt.
Beispiel 1: Google
Im Jahr 2004 hat sich Google in einem kleinen Büro in Zürich niedergelassen. Heute beschäftigt der Tech-Konzern an der Europaallee und auf dem Hürlimann-Areal rund 4000 Mitarbeitende. Da es sich dabei um mehrheitlich hochqualifizierte Arbeitskräfte handelt, dürften direkt und indirekt Steuern im hohen zweistelligen bis dreistelligen Millionenbereich anfallen. Für Google ist Zürich der grösste Forschungs- und Entwicklungsstandort ausserhalb der USA. Hier arbeiten Teams unter anderem an Google Maps, Gmail oder Youtube (Handelszeitung, 2019) – alles Produkte, die mittlerweile stark auf eine mobile Nutzung ausgerichtet sind.
Beispiel 2: Facebook
Während viele um die Präsenz Googles in Zürich wissen, ist jene von Facebook nur wenigen bekannt. Der Social-Media-Konzern teilte 2019 mit, seine Mitarbeiterzahl am Standort Zürich auf 200 Mitarbeiter erhöhen zu wollen (Torcasso, 2019). In Genf ist zudem die von Facebook ins Leben gerufene Libra Association angesiedelt. Sowohl das – derzeit umstrittene – Währungsprojekt Libra als auch viele der Facebook-Produkte wie Whatsapp sind ohne effiziente Datenübertragung über ein Mobilfunknetz undenkbar.
Das sind nur ein paar Beispiele mit klingenden Namen. Es gäbe noch weitere, wie zum Beispiel IBM, das seit langer Zeit ein Forschungslabor in Rüschlikon betreibt. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Firmen ihren Standort in einer Schweiz ohne 3G auf- oder ausgebaut hätten – im Gegenteil, die Präsenz dieser Firmen dürfte gerade Resultat des bisherigen technologischen Spitzenplatzes der Schweiz sein.
Schliesslich gibt es heute in der Schweiz auch diverse Zulieferer für die Smartphone- und Tech-Branche. Darunter finden sich grosse Familienbetriebe wie Bühler oder Traditionsunternehmen wie Georg Fischer, aber auch einstige ETH-Spinoffs wie Sensirion (Fischer, 2016). Wie sich diese Firmen unter einem 3G-Moratorium entwickelt hätten, muss ebenfalls eine Leerstelle im Szenario bleiben. Es ist gut möglich, dass viele dieser alteingesessenen Schweizer Unternehmen den «Mobile-first»-Zug verpasst und die neuen Geschäftsfelder zu spät erschlossen hätten.
Bei dieser Auflistung mag man vielleicht einwenden, dass das alles Beispiele aus der ökonomischen Sphäre sind. Das liegt in erster Linie daran, dass diese relativ einfach zu identifizieren und zu quantifizieren sind. Das bedeutet aber nicht, dass eine moderne Kommunikationsinfrastruktur nicht auch andere positive Effekte hätte. Beispielsweise erhöht sowohl eine App wie SBB Mobile als auch Fairtiq die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs, und ein Start-up wie Bestmile trägt dazu bei, dass Fahrzeugflotten effizienter eingesetzt werden können, was je nach Antriebstechnologie CO2-Einsparungen zur Folge hat. Generell haben Smartphones eine Reihe von Elektronikgeräten substituiert, und wegen des schnellen mobilen Internets hat die Dematerialisierung des Medienkonsums (Text, Ton, Bild) weiter Schub erhalten – beide Entwicklungen weisen auf positive ökologische Effekte hin.
3_Ein 5G-Moratorium wäre eine Zäsur
Der Blick zurück auf die Einführung von 3G zeigt drei Dinge. Erstens konnte sich damals niemand vorstellen, was dieser neue Mobilfunkstandard alles für Umwälzungen bringen würde. Zweitens wären die Auswirkungen eines politisch motivierten Moratoriums im Lauf der Zeit immer schmerzhafter für Wirtschaft und Gesellschaft ausgefallen. Drittens wären die schwerwiegendsten negativen Effekte im Verborgenen geblieben: Es wären die vielen Erleichterungen im Alltag, die nie entwickelt, und die Erfolgsgeschichten von Unternehmen, die nie geschrieben worden wären. Erst im Rückblick wird deutlich, wie stark ein 3G-Verbot die Entwicklung des Landes zurückgeworfen hätte.
Diese drei Erkenntnisse sind generischer Natur. Sie gelten für jedes Technologieverbot im Infrastrukturbereich, so beispielsweise auch für ein hypothetisches Eisenbahn- oder Elektrifizierungs-Moratorium im 19. Jahrhundert – oder für ein 5G-Moratorium. Im Folgenden soll nun etwas konkreter auf die neue Technologie eingegangen werden, um zu skizzieren, wie sich ein allfälliges Verbot in diesem speziellen Fall auswirken könnte.
Geopolitische Verwerfungen untermauern die Bedeutung von 5G
Wenn von den Vorteilen von 5G gegenüber früheren Mobilfunkstandards die Rede ist, kommen neben der höheren Bandbreite (schnelleren Up- und Downloads) meist drei Aspekte zur Sprache (Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung, 2019; Frenger und Tano, 2019):
- Erstens ist 5G energieeffizenter als frühere Mobilfunkstandards. Das erlaubt die Vernetzung vieler Sensoren zu geringeren Kosten auch im weitgehend strukturschwachen ruralen Gebiet, da beispielsweise kleinere Batterien oder Solarzellen eingesetzt werden können. Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht, ist das «Internet der Dinge» (Internet of things, IOT).
- Zweitens erlaubt die neue Technologie eine höhere Dichte verbundener Geräte pro Funkzelle. Das ist besonders für IOT-Anwendungen im urbanen Gebiet bedeutend.
- Drittens weist 5G eine markant verringerte Latenzzeit als frühere Übertragungstechnologien auf – es kann also schneller zwischen zwei Geräten kommuniziert werden. Dank 5G sollen Daten beinahe in Echtzeit drahtlos übermittelt werden können, weshalb manchmal auch von der «Glasfaser durch die Luft» die Rede ist.
Was diese Verbesserungen konkret bewirken werden, ist wie bei früheren Technologien ex ante schwierig abzuschätzen. Eine vom Schweizerischen Verband der Telekommunikation (asut) in Auftrag gegebenen Studie wagt es dennoch. Sie kommt zum Schluss, dass bei einer zügigen 5G-Einführung über 130’000 zusätzliche Arbeitsplätze bis 2030 geschaffen würden (asut, 2019). Natürlich sind solche detaillierte Prognosen von Branchenverbänden mit Vorsicht zu geniessen. Es braucht aber wenig Vorstellungskraft, um zu sehen, dass der neue Mobilfunkstandard gerade dem verarbeitenden Gewerbe und damit zahlreichen KMU völlig neue Perspektiven eröffnet (siehe auch Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung (2019)).
Wie bei früheren Mobilfunkstandards sind von 5G neben den ökonomischen auch positive ökologische und gesellschaftliche Effekte zu erwarten. Diese sind jedoch wie die ökonomischen derzeit schwierig abzuschätzen, geschweige denn zu quantifizieren. Einige Experten erhoffen sich in der Landwirtschaft einen nachhaltigeren Einsatz von Pestiziden und eine bessere Bewirtschaftung des Bodens durch den Einsatz vernetzter Sensoren (Agroscope, 2020; Pollmann, 2017). Andere sehen ein grosses Potenzial für neue medizinische Anwendungen (Merkel, 2019). Gerade die jüngsten Entwicklungen rund um die Coronavirus-Pandemie unterstreichen die Bedeutung leistungsfähiger Telekommunikationsnetze in diesem Bereich: Sowohl eine bessere Ferndiagnose als auch der Einsatz vernetzter Roboter könnten das Gesundheitssystem entlasten und Personal sowie Patienten besser schützen.
Wegen des erwarteten Einflusses auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft wird 5G im globalen Kontext als Schlüsseltechnologie gewertet. Die EU, die bei 4G den USA und den Vorreitern in Asien hinterherhinkte, hat grosse Anstrengungen unternommen, den neuen Mobilfunkstandard rasch und flächendeckend einzuführen (European Commission, 2016). Auch die USA und China drücken beim 5G-Ausbau aufs Tempo; jeder geopolitische Block will bei der Zukunftstechnologie an vorderster Front dabei sein.
Auf globaler Ebene ist die Debatte um 5G denn auch stark von einer strategischen Perspektive geprägt. Das schlägt sich beispielsweise in der anhaltenden Kontroverse rund um chinesische Telekomzulieferer wie Huawei und ZTE nieder. Die USA haben vor Längerem damit begonnen, auf sicherheitspolitische Bedenken hinzuweisen (Rogers und Ruppersberger, 2012). Ob diese gerechtfertigt oder eher industriepolitischer Natur sind, soll hier nicht weiter erörtert werden. Wichtig für diese Analyse ist jedoch die Tatsache, dass für alle drei grossen geopolitischen Blöcke der neue Mobilfunkstandard 5G von zentraler strategischer Bedeutung ist.
Die Schweiz ist rasant gestartet
Vor dem Hintergrund des internationalen Wettrennens um den schnellsten Aufbau eines 5G-Netzes ist die derzeitige Position der Schweiz höchst erfreulich – zumal das Land jüngst in verschiedenen Bereichen wie beispielsweise der Wettbewerbsfähigkeit an Boden verloren hat (Schwab, 2019). Eine Studie des weltweit tätigen Netzwerkausrüsters Ericsson bescheinigt der Schweiz eine Pionierrolle bei 5G (Ericsson, 2019), und auf einer Rangliste des Ericsson-Konkurrenten Huawei, welche die digitale Infrastruktur und die digitale Wirtschaftsleistung miteinbezieht, belegt die Schweiz den zweiten Platz (Huawei, 2019).
Der Speed-Test-Anbieter Ookla führt zum 5G-Ausbau eine Weltkarte, auf der die Standorte verzeichnet sind, die bereits mit dem neuen Mobilfunkstandard erschlossen sind. Blickt man dort auf Europa, steht die Schweiz an einsamer Spitze, wobei dieses Resultat wegen der zugrundeliegenden Daten vorsichtig interpretiert werden muss (Ookla, 2020). [3] Länder, die ein ähnliches Tempo bei der Modernisierung der Infrastruktur hingelegt haben, finden sich nur auf anderen Kontinenten. Unter anderem die USA und Südkorea haben ebenfalls früh in den Ausbau von 5G investiert (Blackman und Forge, 2019), und auch in China waren Ende 2019 bereits 50 Städte mit dem neuen Mobilfunkstandard versorgt (BBC, 2019).
Dass sich die Schweiz global in einer Spitzengruppe etablieren konnte, ist erfreulich. Besonders wenn man beachtet, wie die EU und ihre wirtschaftliche Lokomotive Deutschland schon fast verzweifelt versuchen, den Anschluss nicht zu verpassen (Bünder, 2019; Eisenring, 2019). Das darf die Schweizer Politik aber nicht dazu verleiten, sich in falscher Zuversicht zu wiegen. Einige Länder wie beispielsweise Frankreich dürften demnächst rasant aufholen. Zudem bezieht sich die Momentaufnahme auf eine extrem frühe Phase. Viel bleibt noch in die Modernisierung der Telekominfrastruktur zu investieren: Die 5G-Netze sind noch lange nicht gebaut.
Ob mittelfristig der Schwung der Startphase mitgenommen werden kann, ist alles andere als gewiss. Statt nämlich eine Debatte über die Zukunft als 5G-Pionier zu führen, wird derzeit vor allem ein nostalgisches Vergangenheitsbild zelebriert. So geben in der innenpolitischen Arena klar die technologiekritischen Kreise den Ton an. Wie eingangs erwähnt, haben sich bereits fünf Komitees für Volksinitiativen gebildet, die alle das Rad der Zeit anhalten, wenn nicht gar zurückdrehen möchten (siehe Box 1).
Box 1:
Gleich fünf Volksinitiativen wollen den Mobilfunk stärker einschränken
Volksinitiative für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk: Diese Initiative ist ein Sammelsurium von Forderungen rund um das Thema nichtionisierende Strahlung – je nach Auslegung beinhaltet sie auch ein De-facto-Verbot von privaten Wlan-Routern. Im Grundsatz will sie festschreiben, dass fremde Funkstrahlung nicht mehr in eigene Innenräume gelangen darf. Zudem soll die Verwendung von elektronischen Geräten in öffentlichen Verkehrsmitteln an bestimmten Sitzplätzen untersagt werden. Für die «Mobilfunk-Initiative» werden bereits Unterschriften gesammelt (Mobilfunk-Initiative, 2019).
Mobilfunkhaftungs-Initiative: Die Mobilfunkhaftungs-Initiative will, dass Konzessionäre und Besitzer von Sendeanlagen für Personen- und Sachschäden haften, welche durch Mobilfunk verursacht werden. Die Initianten fordern zudem eine Beweislastumkehr: Die Betreiber müssten den Beweis erbringen, dass allfällige Schäden nicht durch ihre Sendeanlage verursacht wurden. Auch diese Initiative befindet sich in der Phase der Unterschriftensammlung. (Mobilfunkhaftungs-Initiative, 2019)
Volksinitiative zur vernünftigen Weiterentwicklung des Mobilfunks: Die Initiative verlangt, dass die Strahlenschutzgrenzwerte in der Schweiz stark gesenkt werden. Zudem fordert sie ein fünfjähriges Moratorium für einen sehr breit gefassten Bereich von Millimeterwellen (Verein Stop 5G, 2020).
Volksinitiative für strahlungsarme Lebensräume und Senkung der Mobilfunk-Grenzwerte: Die Organisation Frequencia will im Frühjahr 2020 eine Volksinitiative lancieren, um die Strahlenbelastung der Bevölkerung zu verringern. Wie mit der «Mobilfunk-Initiative» soll verhindert werden, dass jemand in der eigenen Wohnung einer Funkstrahlung unfreiwillig ausgesetzt wird. Zudem fordert Frequencia ein nationales Moratorium zur 5G-Technologie und eine massive Senkung der bestehenden Grenzwerte (Frequencia, 2019).
Volksinitiative Gemeinde-Autonomie für Mobilfunk-Abdeckung: Die Freiheitliche Bewegung Schweiz bereitet ebenfalls eine Volksinitiative vor. Die Initianten fordern, dass Mobilfunk-Kompetenzen vom Bund an die Gemeinden abgegeben werden und jede Gemeinde selber entscheiden soll, ob und wieviel Strahlung sie im öffentlichen Raum zulässt (Freiheitliche Bewegung Schweiz, 2020).
Während gewisse Initiativen stärkere Einschränkungen für den Mobilfunk verlangen, wollen andere den neuen Mobilfunkstandard komplett verbieten. Wie dargelegt, hätte ein solches Technologieverbot gravierende Auswirkungen auf die Weiterentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz. Die Signalwirkung eines weltweit einzigartigen, landesweiten 5G-Moratoriums würde die negativen Effekte noch verstärken. Allerdings darf die Debatte um ein künftiges nationales Verbot nicht davor ablenken, dass auf kantonaler und lokaler Ebene die Modernisierung der Mobilfunkinfrastruktur bereits jetzt massiv behindert wird.
De facto besteht an einigen Orten bereits ein 5G-Technologieverbot
Im jüngsten Bericht des Bundes wird festgehalten:
«Es ist nicht davon auszugehen, dass bei den derzeitigen Rahmenbedingungen genügend Standorte für einen 5G-Rollout zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zur Verfügung stehen werden. Ausserdem ist es aufgrund der heutigen Regulierungsdichte (…) und vor allem aufgrund der Widerstände in den Gemeinden und Städten schwierig, die benötigten zusätzlichen Mobilfunkstandorte für einen schnellen 5G-Rollout zeitnah zu akquirieren und zu bewilligen.» (Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung, 2019).
Diese Aussage wurde weder von den Medien noch von der Politik gross thematisiert – obwohl sie brisant ist. Offenbar sind sich die Experten aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft einig, dass die Schweiz ihren globalen Spitzenplatz bei der für die Digitalisierung zentralen Telekominfrastruktur nicht wird halten können. Das ist durchaus bedenkenswert und hätte mehr öffentliche Aufmerksamkeit verdient. Zumal dieser Befund in einem starken Kontrast zu den politischen Bekenntnissen zu Fortschritt und Digitalisierung steht.
Die Passage weist ausserdem auf staatsrechtliche Friktionen hin. Art. 92 Abs. 1 der Bundesverfassung hält fest: «Das Post- und Fernmeldewesen ist Sache des Bundes» (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1999). Diese Aufgabenzuteilung ist im Bereich der Mobilfunknetze aus liberaler und föderaler Sicht gerechtfertigt – das Gebot der Subsidiarität ist hier nicht verletzt. Eine kantonale Organisation und Regulierung des Mobilfunknetzes ergibt keinen Sinn, denn der Nutzen der Telekominfrastruktur erwächst gerade aus der kantonsübergreifenden, ja meist sogar länderübergreifenden, Funktionalität.
Obwohl die Telekominfrastruktur klar Bundessache ist, verhindern laut dem jüngsten Bericht Widerstände auf kantonaler und kommunaler Ebene eine Weiterentwicklung. Der Grund dafür ist simpel: Gemeinden und Kantone erlassen Bau- und Zonenvorschriften für Mobilfunkanlagen. Anwohner haben in den meisten Fällen eine Einsprachemöglichkeit und können damit das Bauvorhaben verzögern oder verhindern (Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung, 2019).
Von diesem Recht wird ausgiebig Gebrauch gemacht. So spricht der Verein «Schutz vor Strahlung» von einem «faktischen 5G-Moratorium» und behauptet, dass zwischen Juni und September 2019 gegen 320 neue 5G-Antennen Einsprache erhoben wurde. Dies seien laut dem Verein etwa 98% aller Baugesuche für 5G-Antennen in diesem Zeitraum (Verein Schutz vor Strahlung, 2019). Die Telekomanbieter widersprechen dieser Aussage zwar und nennen weitaus tiefere Zahlen (Sunrise, 2020; Swisscom, 2020). Aber das ändert nichts an der Tendenz, dass im Telekombereich das lokale Baurecht zu einem nationalen politischen Instrument verkommt.
Staatsrechtlich bedenklicher ist jedoch, dass die Kantonsparlamente von Genf, Jura und der Waadt sich über die in der Bundesverfassung festgelegte Kompetenzordnung hinwegsetzen: Sie haben sich kurzum für temporäre 5G-Moratorien auf ihren Kantonsgebieten ausgesprochen – in Kantonen der Deutschschweiz wurde ebenfalls darüber diskutiert (SRF, 2020). Einzig der Kanton Neuenburg hat einen verfassungsrechtlich korrekten Weg eingeschlagen: Das Kantonsparlament fordert mit einer Standesinitiative ein partielles 5G-Moratorium in der Schweiz (Tribune de Genève, 2020).
4_Über Risiko und Unsicherheit
Das Vorgehen einzelner Kantonsparlamente, sich über die in der Bundesverfassung festgelegten Zuständigkeiten hinwegzusetzen, sowie die emotionale Aufgewühltheit, die hinter gleich fünf Volksinitiativen steht, müssen aufwecken. In der Schweiz scheint sich ein Paradigmenwechsel im Umgang mit technologischen Weiterentwicklungen abzuzeichnen. Bisher strebte das Land nämlich aus Überzeugung an die wissenschaftliche und technologische Weltspitze.
So hat die Schweiz beispielsweise auch bei den Anfängen der Elektrizität eine Vorreiterrolle übernommen. Bis etwa 1910 wies sie die höchste Stromproduktion pro Einwohner auf. Bereits im Jahr 1939 waren 77% des schweizerischen Eisenbahnnetzes elektrifiziert, während der europäische Durchschnitt bei 5% lag. (Paquier, 2010). Wenn man sich Weltkarten zum 5G-Ausbau ansieht, scheint sich die Geschichte vordergründig zu wiederholen. Hinter den Kulissen ist die Situation aber anders gelagert.
Ende des 19. Jahrhunderts löste die Ankunft der Elektrizität in der Schweiz regelrechte Begeisterungsstürme aus. So zogen Vorträge und öffentliche Demonstrationen der neuen Technologie Scharen von Enthusiasten in ihren Bann, beispielsweise an der Landesausstellung von 1883 in Zürich (Gugerli, 1995). Lange galt die Elektrizität in der Schweiz als Sinnbild für Fortschritt und Modernität (Boss, 2018).
Von einem solchen Technologieverständnis ist heute nur wenig zu spüren. Zwar gab es bereits früher Widerstand gegen Mobilfunkantennen, aber mit 5G vermengt sich die Ablehnung zunehmend mit einer allgemeinen Systemkritik. Diese trifft mit der ihr inhärenten Nostalgie offenbar den Zeitgeist – gerade in der Westschweiz erhält im öffentlichen Diskurs die Angst vor neuen Technologien sehr viel Raum.
Wir wissen bereits viel …
Im Zentrum der Kritik stehen jeweils gesundheitliche Bedenken. Diese waren bisher bewusst nicht Thema dieser Analyse, weil die wissenschaftliche Datenlage deutlich ist: Die Hypothese, dass die Strahlung von Mobilfunkantennen bei den herrschenden Grenzwerten gesundheitlich schädlich sei, wurde bisher immer wieder verworfen (siehe Box 2).
Box 2:
Wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Mobilfunkstrahlung
Mensch und Umwelt sind heute diversen Quellen nichtionisierender Strahlung (NIS) ausgesetzt, so beispielsweise durch Mobilfunk, Radio- sowie Fernsehsender, Wlan-Router, Stromleitungen oder medizinische Untersuchungen. Die Nähe zum Körper ist dabei für die Exposition von zentraler Bedeutung. Bei durchschnittlicher Nutzung stammt etwa 90% der hochfrequenten NIS, der wir ausgesetzt sind, von persönlichen Endgeräten (z.B. Smartphone, Tablet, etc.), wobei gilt: je schlechter die Verbindung zur Antenne, desto stärker strahlt das persönliche Gerät. Nur ein kleiner Teil der Strahlenexposition wird von den eigentlichen Mobilfunkantennen verursacht. Dabei spielt zum einen die Antennentechnologie und zum anderen die Übertragungstechnologie eine Rolle – so sind neuere Mobilfunkstandards wie 5G deutlich strahleneffizienter als ältere Technologien wie 2G (vgl. Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung, 2019; Matalatala et al., 2019).
Im Jahr 2011 hat die Internationale Agentur für Krebsforschung die NIS-Exposition bei der Nutzung von persönlichen Geräten wie Mobiltelefonen basierend auf einer begrenzten Evidenz bei Studien an Menschen («limited evidence») als möglicherweise krebserregend für Menschen eingestuft – bei umweltbedingten NIS-Expositionen beispielsweise durch Mobilfunkantennen wurde die Evidenz als unzureichend bezeichnet («inadequate evidence») (WHO, 2011). Eine neuere Metaanalyse, durchgeführt unter anderem vom Schweizer Epidemiologen Martin Röösli, findet keinen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch von Mobiltelefonen und diversen Tumorarten (Röösli et al., 2019).
Die mögliche NIS-Exposition wird in der Schweiz durch Regulierungen eingeschränkt. So werden in der Verordnung des Bundesrates über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) verschiedene Grenzwerte festgehalten. Der Bericht der vom Bundesrat eingesetzten Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung hält fest, dass «[…] unterhalb der Immissionsgrenzwerte der NISV bisher Gesundheitsauswirkungen nicht konsistent nachgewiesen wurden, […]» (Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung, 2019). Diese etwas umständliche Formulierung ist der wissenschaftlichen Methode geschuldet – oder in den Worten einer früheren Studie im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt: «Zu beachten ist, dass die Nicht-Existenz eines Effekts formal wissenschaftlich nicht beweisbar ist.» (Hug et al., 2014).
Als ökonomisch ausgerichteter Think-Tank kann Avenir Suisse Forschungsresultate von Epidemiologen, Physikern und Ärzten nicht weiter kommentieren. Aus wissenschaftlicher Sicht gilt es, dieses Verdikt in einem anderen Forschungsbereich zu akzeptieren: Dem Nutzen der Mobilfunktechnologie stehen unter der bestehenden Regulierung kaum belegte Gesundheitsrisiken gegenüber. Aus ökonomischer Sicht wäre hier nur noch hinzuzufügen, dass ein Null-Risiko eine hinreichende aber nicht notwendige Bedingung für die Einführung einer nutzenstiftenden Technologie ist. Wenn es also keine Risiken gibt, sollte eine Technologie natürlich zugelassen werden. Doch selbst wenn gewisse Risiken erwiesen wären, kann der gesellschaftliche Nutzen noch immer überwiegen.
Eine gewisse Unsicherheit bleibt immer bestehen
Nun wird in der Debatte um Mobilfunkstrahlung aber nicht nur mit kalkulierbaren Risiken argumentiert, sondern auch mit der Unsicherheit bezüglich künftiger Schäden. Das ist durchaus legitim. Jedes menschliche Handeln ist sowohl einem Risiko ausgesetzt als auch einer fundamentaler Unsicherheit. Das gilt für individuelle Entscheidungen wie eine Ferienreise, und es gilt auch für gesellschaftliche wie die Elektrifizierung oder den Betrieb eines Mobilfunknetzes.
Allerdings muss hierzu festgehalten werden, dass der Schweizer Gesetzgeber im Mobilfunkbereich auch für diese fundamentale Unsicherheit vorgesorgt hat. Hierzulande werden nämlich zusätzlich zu den international vergleichbaren Immissionsgrenzwerten (siehe Box 3) noch strengere Anlagegrenzwerte angewendet, um sich vor derzeit unbekannten Schäden zu schützen (Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung, 2019). Die Anlagegrenzwerte gelten in der Schweiz für Orte, an denen sich Menschen regelmässig während längerer Zeit aufhalten. Bei der Regulierung des Mobilfunks kommt das Vorsorgeprinzip des Umweltschutzgesetzes zum Zug: «Die Vorsorge ist folglich eine nicht auf aktuellen wissenschaftlichen Einschätzungen beruhende Entscheidung, sondern eine vorsorgliche Begrenzung.» (Missling et al., 2016).
Diese Aussage macht deutlich, wo nun das Problem liegt. Da Unsicherheit im Gegensatz zu Risiken nicht wissenschaftlich kalkuliert werden kann, kommt beim Umgang mit ihr jeweils nicht eine rationale Logik, sondern eine Grundhaltung zum Vorschein. Was der Nebel der Unsicherheit alles verbirgt, ist ex ante niemals fassbar. Hier hilft nicht die Wissenschaft, sondern nur die Phantasie weiter, welche die Unsicherheit in den buntesten Farben ausmalen kann – etwas, was in der derzeitigen Debatte um 5G durchaus zu beobachten ist.
So universell die Unsicherheit ist, so austauschbar sind die furchteinflössenden Darstellungen von ihr. So hätte man auch bei der Inbetriebnahme des Landessenders Beromünster im Sommer 1931 darauf hinweisen können, dass diese neuartigen Radiostrahlen über die nächsten 70 Jahren zu Schäden am Erbgut und der Ausrottung der Menschheit führen würden. Damals wusste man das schlicht nicht, die Wissenschaft konnte nur einzelne Risiken in isolierten Experimenten berechnen – wie sie es in den vergangenen rund 40 Jahren auch für den Mobilfunk getan hat. Die fundamentale Unsicherheit des Betriebs eines nationalen Radiosenders konnte damit aber nicht ausgeräumt werden.
Heute wissen wir, dass wir diese Unsicherheit zu Recht eingegangen sind. Bis jetzt konnten unter den bestehenden Grenzwerten keine gesundheitlichen Auswirkungen von Radiowellen nachgewiesen werden – wir haben rund hundert Jahre Radio sehr gut überlebt. Ja wir haben die Technologie nicht nur überlebt, sondern wir haben von ihr in vielfältiger Weise profitiert. Und in gewissen Fällen haben Radiowellen sogar Leben gerettet – zum Beispiel bei der Warnung vor Falschfahrern auf der Autobahn oder vor plötzlichen Wetterumschwüngen. Der Nebel der Unsicherheit hat wie so oft in der Technologiegeschichte viel mehr Positives als Negatives verborgen. Beim heutigen Stand der Wissenschaft spricht wenig dafür, dass das beim Mobilfunk anders sein sollte.
5_Welche Schweiz wollen wir?
Bei der Schlüsselinfrastrukur der 2020er Jahre streben derzeit verschiedene Nationen nach der Technologieführerschaft. Während auf globaler Ebene eine Art Wettrennen um 5G entbrannt ist, wollen hierzulande gewisse Kreise die Zeit anhalten lassen und die Modernisierung der Mobilfunknetze um jeden Preis verhindern. Mit gleich fünf geplanten Volksinitiativen wird sich vielleicht demnächst das Schweizer Stimmvolk der Schicksalsfrage stellen müssen: Soll das Land von einer progressiven auf eine konservative Grundhaltung gegenüber neuen Technologien umschwenken?
Es steht viel auf dem Spiel
Mit der Mobilfunktechnologie ist eine zentrale Infrastruktur des Landes betroffen. Deshalb hätte ein 5G-Moratorium auch derart gavierende Auswirkungen nicht nur auf die Wissenschaft, sondern auch auf die Gesellschaft. Eine Infrastruktur definiert sich ja gerade dadurch, dass sie Grundlage für das Wirtschaften und Zusammenleben ist. Aus gutem Grund hat deshalb auch der Verfassungsgeber das Fernmeldewesen in die Hände des Bundes gelegt. Die Telekominfrastruktur ist zentral für das Funktionieren des Landes – die Coronavirus-Pandemie hat das eindrücklich bestätigt. Wird das Mobilfunknetz aus politischen Gründen nicht mehr weiterentwickelt, so sind die Konsequenzen von Lugano bis Basel, vom Spital bis zum Uhrenmacher zu spüren.
Es steht also einiges auf dem Spiel. Eine Schweiz mit einer Telekominfrastruktur, die per Verfassungsbestimmung auf einem veralteten Technologiestandard verharren müsste, würde den Anschluss verpassen. Wie das Gedankenspiel um ein 3G-Moratorium nahelegt, fällen Unternehmen ihre Standortentscheide auch aufgrund der verfügbaren technologischen Infrastruktur. Wissenschaftliche Institutionen wie Universitäten oder Fachhochschulen dürften mit einem solchen Technologieverbot im internationalen Rennen um die Spitzenforschung ins Hintertreffen geraten. Und mit einer geschwächten Spitzenforschung und dem Fehlen innovativer Start-ups wird es auch schwieriger werden, anstehende Herausforderungen im ökologischen oder medizinischen Bereich zu meistern.
Ein 5G-Moratorium würde also nicht einfach in einem Strukturerhalt münden. Weil es eine Infrastruktur betrifft, droht vielmehr ein Strukturrückbau. Ein solcher darf natürlich in einer Demokratie von einer Mehrheit durchaus initiiert werden. Nur ist es wichtig, sich der Konsequenzen eines solchen Entscheids gewahr zu werden. Einzelne 5G-Gegner betonen zwar, dass sie nicht gegen Innovationen und Technologie seien, aber auch mit diesem Lippenbekenntnis bleibt ein Technologieverbot ein Technologieverbot. Ein 5G-Moratorium verhindert offensichtlich Innovationen, wird doch die Weiterentwicklung der Telekominfrastruktur hoheitlich unterbunden.
Was es zu tun gilt
An gewissen Orten herrscht in der Schweiz de facto bereits heute ein 5G-Technologieverbot. Dass dieses fast ohne Widerstand hingenommen wird, ist erstaunlich, denn die Konsequenzen sind gravierend. Aus der Sicht von Avenir Suisse besteht deshalb Handlungsbedarf in drei Bereichen:
Erstens sollten Wissenschaft und Wirtschaft Farbe bekennen, denn die Modernisierung der Telekominfrastruktur ist von zentraler Bedeutung für die Zukunft des Landes. Da darf nicht akzeptiert werden, dass mit lokalen 5G-Moratorien und fehlenden Anpassungen in Ausführungsbestimmungen Tatsachen geschaffen werden, denen die rechtliche Legitimation fehlt. Dem diesen Entwicklungen zugrundeliegenden, wissenschaftsfeindlichen Narrativ gilt es entschiedener entgegenzutreten.
Zweitens darf sich der Bund nicht länger vor seiner Verantwortung drücken. Die Einberufung einer Expertenkommission nach der anderen und das Hin- und Herschieben der Materie zwischen den Ämtern ist ein allzu durchsichtiges Abschieben von Verantwortung. Die Frequenzen für 5G wurden bereits versteigert, und die Auktion hat dem Bund über 300 Mio. Fr. in die Kassen gespült. Dass mit der neuen Technologie das Signal gebündelt und damit effizienter gesendet werden kann, ist seit Jahren bekannt. Ebenso lange wusste man, dass deshalb technische Richtlinien für Messverfahren angepasst werden müssen. Es ist schwer zu verstehen, weshalb der Bundesrat in dieser Sache in all den Jahren nichts entschieden hat.
Drittens gilt es, der Bundesverfassung wieder Geltung zu verschaffen. Die regionalen 5G-Moratorien missachten das zentrale Rechtsdokument der Schweiz; die Federführung bei der Mobilfunkinfrastruktur liegt klar beim Bund. Diese Aufgabenzuteilung darf von den Kantonen und Gemeinden nicht einfach übergangen werden. Gleichzeitig gilt natürlich auch, eine allfällig zustande kommende Initiative der Mobilfunkgegner rasch dem Volk zu unterbreiten.
Noch ist aber eine solche Abstimmung über ein 5G-Moratorium Zukunftsmusik. Die blosse Ankündigung einer Volksinitiative darf nicht als Vorwand genommen werden, sich bereits heute über bestehende Gesetze hinwegzusetzen. Die öffentlichen Verantwortungsträger sind gehalten, ihrer jeweiligen Aufgabe nach Massgabe des Rechts nachzukommen. Das ist eine etwas biedere Forderung. Doch bei der emotionalisierten 5G-Debatte scheint ein solches Hochhalten etablierter rechtsstaatlicher Prozesse notwendiger denn je.
Das Analysepapier inkl. wissenschaftlichem Apparat steht hier zum Download als pdf bereit.