Der staatliche Fussabdruck in der Schweiz ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gewachsen. Die Fiskalquote liegt – einbezüglich der obligatorischen Beiträge an Kranken- und Pensionskassen – bei 40% und somit etwa auf dem Niveau Deutschlands und Österreichs.
Im öffentlichen Sektor arbeiten (gemessen in Vollzeitäquivalenten) 950 000 Beschäftigte, was 23% des gesamten Arbeitskräftepotenzials der Schweiz entspricht. Dieser Stellenbestand ist in den letzten zehn Jahren mit 13% deutlich stärker gestiegen als die Beschäftigung in der Privatwirtschaft (8%).
Selbst wenn der Wirtschaftsstandort Schweiz international als äusserst wettbewerbsfähig gilt, weist das Land eine hohe Regulierungsdichte auf. Je spezifischer ein Index die Regulierungsdichte misst, desto schlechter schneidet die Schweiz im internationalen Vergleich ab. Über die Hälfte der Preise sind zudem hierzulande nicht mehr das Resultat von Angebot und Nachfrage, sondern massgeblich staatlich mitgestaltet oder sogar direkt kontrolliert.
Über Subventionen und Privilegien nimmt der Staatseinfluss auch in privat organisierten Gesellschaftsbereichen zu. Aus befristeten Massnahmen wurden wiederholt «Providurien», und die Politik baut ihren Kompetenzkatalog stetig aus. Die öffentlichen Gelder an die Tourismusbranche haben sich beispielsweise innert 30 Jahren inflationsbereinigt mehr als verdreifacht.
Auch wenn der Schweizer Staat gemeinhin als schlank gilt, zeigt die vorliegende Analyse von Lukas Rühli, Jürg Müller, Lukas Schmid, Eveline Hutter und Laurenz Grabher, dass sein Einflussbereich mittlerweile gross ist und weiterwächst. Das ist kritisch zu sehen in einem Land ohne natürliche Ressourcen, dessen Wohlstand auf einer dynamischen und innovativen Wirtschaft fusst, die auf Bürgernähe der Politik und Bottom-up-Prozesse angewiesen ist.
Handlungsempfehlungen
Rezepte, das Staatswachstum im Zaum zu halten, gibt es viele. Von zentraler Bedeutung sind die Schuldenbremsen von Bund und Kantonen. Aufweichungen gilt es hier zu verhindern. Einzig im Umgang mit Krisenschulden besteht auf Bundesebene Anpassungsbedarf: Nach künftigen Krisen sollten durch ausserordentliche Ausgaben angehäufte Schulden mit – falls vorhanden – vergangenen Überschüssen verrechnet werden dürfen.
Einige der in dieser Studie diskutierten Vorschläge wurden bereits wiederholt öffentlich eingefordert – so etwa das Finanzreferendum auf Bundesebene, die Erhöhung der Transparenz von Regulierungsfolgenabschätzungen und deren Überprüfung durch eine unabhängige Milizkommission, die Anwendung einer «One-in, One-out»-Regel für Regulierungen oder die zentrale, systematische Erfassung und Veröffentlichung aller Subventionen und Beihilfen. Neben diesen Rezepten werden aber auch neue Ansätze präsentiert, die ihren Weg aus der vorliegenden Publikation in den politischen Diskurs finden sollten:
- Den Milizgedanken auf Verwaltungskarrieren anwenden: Stellen in der Verwaltung sollten nur mit Personen besetzt werden, die eine Mindestanzahl von Jahren ausserhalb des öffentlichen Sektors gearbeitet haben. Eine solche «Privatwirtschaftslehre» würde beim Staat das Verständnis für die Funktionsweise von Organisationen ausserhalb des öffentlichen Sektors verbessern und Beschäftigten in der Verwaltung den Wechsel zurück in die Privatwirtschaft erleichtern.
- Benchmarking von Löhnen durchführen: In Bereichen mit einem starken Wettbewerb um Arbeitskräfte könnte ein Lohn-Benchmarking eingeführt werden. Dabei würde ein Durchschnitt der Anstellungsbedingungen in der Privatwirtschaft für gewisse Funktionen kalkuliert und als obere Grenze für die Beschäftigungskonditionen im öffentlichen Sektor festgelegt.
- Eine «Löschwoche» einführen: Um die Sensibilisierung in der Politik zu stärken, wonach Legiferieren nicht nur aus Hinzufügen, sondern auch aus Weglassen besteht, sollte eine Art «Frühlingsputz» institutionalisiert werden. Ein bestimmter Zeitraum, z.B. eine Sondersession pro Jahr, sollte von den Räten ausschliesslich dafür genutzt werden, um überholte, fehlgeleitete oder zu teure Bestimmungen zu identifizieren und zu löschen.