Die Verhandlungen der Schweiz mit der EU stehen vor dem Abschluss. Eine Gratwanderung für den Bundesrat ist besonders die Zuwanderungsfrage, die viele Schweizerinnen und Schweizer beschäftigt. Hier soll er eine Lösung finden – ohne die bilateralen Beziehungen zu gefährden.

In den vergangenen Monaten gewann deshalb in der Politik ein Instrument immer stärker an Popularität: die Schutzklausel. Bei aussergewöhnlich hoher Zuwanderung soll die Schweiz befristete Massnahmen ergreifen können. Wie diese konkret aussehen, bleibt bisher unbeantwortet. Naheliegend sind Höchstgrenzen und Kontingente – angelehnt an die temporären Beschränkungen bei der Einführung und Ausweitung der Personenfreizügigkeit mit der EU.

Schutzklausel schafft neue Probleme

Wie Avenir Suisse in einer neuen Analyse zeigt, wäre dies eine schlechte Antwort auf die Zuwanderungsfrage. Schutzklauseln bergen grosse wirtschaftliche und bürokratische Risiken – gerade, wenn sie Kontingente zur Folge haben.

Eine griffige Schutzklausel, die nicht nur als politische Beruhigungspille wirken soll, verursacht unnötige Hektik und ist Sand ins Getriebe einer dynamischen Wirtschaft: Perioden mit abwechselnd hoher und übermässig restringierter Zuwanderung sind die Folge. Die Zuteilung der Kontingente ist zudem anfällig für Lobbying; der administrative Aufwand und die Planungsunsicherheiten für Unternehmen wären erheblich. Darunter würden insbesondere KMU und Startups leiden.

Die Autoren warnen deshalb vor einer Rückkehr zu ineffizienten Systemen aus der Vergangenheit, welche die wirtschaftliche Dynamik bremsen.

Lenkungsabgabe als Alternative

Die Zuwanderung war für die Schweiz historisch ein grosser Gewinn. Vieles spricht dafür, dass sie auch weiterhin einen erheblichen ökonomischen Nutzen bringt. Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Gerade beim aktuellen Tempo des Bevölkerungswachstums rücken negative Effekte verstärkt in den Vordergrund. Diese zeigen sich etwa in Form von intensivierten Nutzungskonflikten bei natürlichen Ressourcen sowie bei einer überlasteten Infrastruktur.

Es überrascht deshalb nicht, dass immer mehr Stimmen eine Begrenzung der Zuwanderung fordern. Wer dies tun will, sollte jedoch nicht auf Kontingente setzen. Vielmehr bietet sich ein Instrument an, das sich auch in anderen Bereichen bereits etabliert hat: eine Lenkungsabgabe.

Mit einer Lenkungsabgabe ist eine Pro-Kopf-Abgabe gemeint, die von jedem (Neu-)Zuwanderer über einen gewissen Zeitraum (z.B. 5 Jahre) erhoben wird. Die Höhe der Abgabe sollte dabei von endogenen Faktoren abhängen, also z.B. der inländischen Demografie (siehe Seite 12 der Analyse). Richtig ausgestaltet senkt die Abgabe die Zuwanderung und stellt gleichzeitig sicher, dass primär diejenigen zuwandern, die eine hohe Wertschöpfung generieren.

Auch eine Lenkungsabgabe kommt mit gewissen Nachteilen: Die konkrete Ausgestaltung ist anfällig für Partikularinteressen, und eine zu hohe Abgabe könnte potenzielle Zuwanderer abschrecken. Im Vergleich zu Kontingenten wäre die Bürokratie allerdings geringer und die Besetzung offener Stellen jederzeit ohne Wartefristen möglich – auch für KMU und Startups. Analog zur CO2-Lenkungsabgabe könnten die erhobenen Gelder pro Kopf an die bestehende Wohnbevölkerung rückverteilt werden. Damit würde das Instrument auch nicht zu einer weiteren Aufblähung des Staates führen.

Auf Kontingente verzichten

Eine erfolgreiche und tragfähige Migrations- und Wirtschaftspolitik ist auf ein effizientes Zuwanderungssystem angewiesen. Gerade die stark verzerrende Wirkung von Kontingenten geht in der aktuellen Debatte oft unter. Diese gewichtigen ökonomischen Nachteile werden bei einer «On-Off»-Ausgestaltung noch potenziert. Das heisst in aller Konsequenz, auf eine schlecht ausgestaltete Schutzklausel mit bürokratischen Kontingenten zu verzichten – die reine Personenfreizügigkeit mit der EU dürfte das stabilere und volkswirtschaftlich bessere System sein. Wer die Zuwanderung steuern will, sollte auf eine kontinuierliche Lenkungsabgabe setzen, deren Höhe von endogenen Faktoren bestimmt wird.