Der Schweizer Stiftungsstandort ist hoch entwickelt. Es gibt deutlich mehr Stiftungen und ein höheres Spendenaufkommen pro Einwohner als in anderen europäischen Ländern. Das Gesamtvermögen gemeinnütziger Stiftungen wird auf über 70 Mrd. Fr. geschätzt, ihre jährlichen Ausschüttungen für gemeinnützige Projekte auf 1,5 Mrd. bis 2 Mrd. Fr. Stiftungshochburgen sind vor allem Basel, Genf und Zürich, aber es gibt auch einige ländliche Regionen mit hoher Stiftungsdichte. Eine Besonderheit des Stiftungsstandorts ist seine internationale Vernetzung. Zum einen leben viele ausländische Stifter in der Schweiz, zum anderen sind wichtige internationale Stiftungen hier angesiedelt.
Seit der Jahrtausendwende befindet sich das Stiftungswesen im Aufbruch. Jährlich werden ca. 400 Stiftungen neu gegründet, und seit 2010 gab es etwa 20 Grossspenden zwischen 10 Mio. und 100 Mio. Fr. Das Stiftungsrecht wurde 2006 revidiert, und jüngst wurde die eidgenössische Stiftungsaufsicht restrukturiert und personell verstärkt. Zahlreiche Neuerungen dienen der Professionalisierung: Plattformen zur Vernetzung der Branche, spezialisierte Berater, Philanthropieabteilungen in Banken.
Neben diesen Stärken gibt es jedoch auch Defizite. Der Sektor ist stark fragmentiert, mit vielen kleinen und teils inaktiven Stiftungen. 85% der Stiftungen haben ein Vermögen von unter 5 Mio. Fr., 80% keine bezahlten Mitarbeiter. Trotzdem fusionieren nur 0,1% der Stiftungen im Jahr, und es gibt nur wenige Kooperationen. Hinzu kommt eine geringe Transparenz, wovon auch gelegentliche Skandale zeugen, sowie eine schlecht entwickelte Datenbasis. Ausserdem wurde die Struktur der kantonalen Stiftungsaufsichten als Folge der BVG-Strukturreform unübersichtlicher.
Grundsätzlich sollten die Rahmenbedingungen des Sektors so gesetzt werden, dass mehr und wirkungsvoller gestiftet wird. In diesem Sinne skizziert die Studie – oft mit Verweisen auf Vorbilder aus dem Ausland – zahlreiche Massnahmen zur Weiterentwicklung dieser wichtigen Branche:
- Anreize zur Konsolidierung: Um der Fragmentierung des Sektors entgegen zu wirken, sollten Stiftungen stärker kooperieren; zudem müssten die regulativen Hürden für Fusionen abgebaut werden. Dachstiftungen könnten Kräfte bündeln und den administrativen Aufwand senken. Eine weitergehende Option wäre eine staatlich vorgeschriebene Ausschüttungsquote – ähnlich wie in den USA, wo gemeinnützige Stiftungen jährlich mindestens 5% ihres Vermögens für den Stiftungszweck aufwenden müssen. Dies verhindert das Entstehen inaktiver Stiftungen (die sich nur noch selber verwalten).
- Förderung der Transparenz: Das Bundesamt für Statistik sollte umfassende Daten über den Sektor erheben und ein nationales Stiftungsregister einrichten – eine Online-Datenbank über alle gemeinnützigen Stiftungen. In diesem Zusammenhang wäre auch eine erweiterte Publikationspflicht für gemeinnützige Stiftungen zu prüfen.
- Ein wirkungsvolleres Stiftungsrecht: Als Vorbeugung gegen Missbräuche sollte das Stiftungsrecht um einen Artikel zur «guten Stiftungsführung» ergänzt werden, in dem wichtige Prinzipien festgeschrieben werden, z.B. ein erweitertes Aufsichtsbeschwerderecht oder Massnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten. Stiftungen, die über mehrere Jahre inaktiv sind, sollte die Gemeinnützigkeit entzogen werden.
- Eine griffigere Stiftungsaufsicht: Die kantonalen Aufsichten für gemeinnützige Stiftungen sollten von jenen für Vorsorgestiftungen getrennt und in regionalen Verbünden gepoolt werden (wie bei Aufsichten für Vorsorgestiftungen der Fall). Dies würde eine Spezialisierung und Bündelung von Kräften ermöglichen – und letztlich eine wirkungsvollere Aufsicht.
- Staatliche Tätigkeiten für Mäzenatentum öffnen: Durch die Auslagerung staatlicher Funktionen in Stiftungen (z.B. Kulturinstitutionen), könnten diese für privates gemeinnütziges Engagement geöffnet werden. Anders als in Deutschland, Österreich und Liechtenstein sind öffentlich-rechtliche Stiftungen in der Schweiz ein bisher wenig genutztes Instrument.