Ökonomen mögen Subventionen nicht sonderlich – allzu oft gehen sie mit Marktverzerrungen und allokativen Fehlanreizen einher. Dies gilt auch für Steuervergünstigungen, die zu den problematischsten Subventionsformen gehören. Nicht zufällig hält der Gesetzgeber in Art. 7 Bst. g des Subventionsgesetzes fest, dass auf Finanzhilfen in Form von Steuervergünstigungen in der Regel verzichtet werden sollte. Denn diese Finanzhilfen sind intransparent und teuer: Wie sich der Staatsrechnung 2022 entnehmen lässt, werden in der Schweiz jährlich geschätzte 20 bis 24 Mrd. Fr. an Steuervergünstigungen gewährt – dies entspricht beinahe einem Drittel der Bundeseinnahmen.

Rosarotes Sparschwein vor einer Wasserfontäne (Jet d’eau) in einer Stadt, die Genf sein könnte. (KI-generiertes Bild)

Wo der Bund zu wenig einnimmt. (Ernie Ernst, Avenir Suisse, mit KI-Unterstützung)

Steuererleichterungen sind gang und gäbe

Wie aus der Tabelle ersichtlich, setzt sich dieser Betrag hauptsächlich aus Vergünstigungen der direkten Bundessteuer (9,6 Mrd. Fr.), der Mehrwertsteuer (8,1 Mrd. Fr.) und der Stempelabgaben (4,4 Mrd. Fr.) zusammen. Natürlich sind aber nicht alle in der Tabelle ausgewiesenen Steuervergünstigungen aus ökonomischer Sicht problematisch. Bei einem Grossteil der erwähnten Beträge handelt es sich nämlich nicht um Steuermittel, auf die der Bund im eigentlichen Sinne verzichtet, da sie ihm gar nicht zustehen. So stellt etwa der Grossteil der Vergünstigungen bei den Bundessteuern schlicht Abzüge für die Altersvorsorge oder die Berufskosten der privaten Haushalte dar.

Problematisch sind jedoch jene Steuervergünstigungen, die Unternehmen selektiv gewährt werden. Sie bewirken eine steuerliche Ungleichbehandlung, die sich nicht nur auf die Einnahmen des Bundes auswirkt, sondern darüber hinaus auch grosses Potenzial für schädliche Marktverzerrungen birgt. Zur Frage, wie gross das Ausmass an wettbewerbsverzerrenden Steuervergünstigungen zugunsten einzelner Unternehmen jährlich ausfällt, lässt sich leider nichts Genaueres sagen. In Anbetracht der vom Bund geschätzten Steuer- und Abgabevergünstigungen darf aber davon ausgegangen werden, dass es sich um mehrere Milliarden Franken handelt.

Steuer- und Abgabevergünstigungen des Bundes (2022)

SteuerartGeschätzte Vergünstigung
Direkte Bundessteuer9 600 Mio. Fr.
Mehrwertsteuer8 100 Mio. Fr.
Stempelabgabe4 400 Mio. Fr.
Mineralölsteuer1 500 Mio. Fr.
CO2-Abgabe70 Mio. Fr.
Schwerverkehrsabgabe30 Mio. Fr.
Total> 23 700 Mio. Fr.
Quelle: EFV (2023)

Die in der Tabelle aufgeführten Steuer- und Abgabevergünstigungen sind dabei weder abschliessend noch aktuell. Einerseits basieren sie auf teilweise bis zu 20 Jahre alten Schätzungen. Anderseits führt die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrem Bericht aus dem Jahr 2011 in der Klassierung der steuerlichen Ausnahmeregelungen verschiedene weitere Steuervergünstigungen für juristische Personen auf, die sich Mangels verfügbarer Daten nicht quantifizieren lassen. Darunter fallen beispielsweise Steuerbefreiungen von Gebietskörperschaften und ihren Anstalten (vgl. hierzu etwa «Steuerprivilegien für Kantonalbanken») oder Steuerbefreiungen konzessionierter Verkehrsunternehmen.

Unsystematische Anreiz- und Umverteilungswirkungen

Wie aber kommt es, dass in der Schweiz so viele Steuervergünstigungen gewährt werden, obwohl das Subventionsgesetz explizit festhält, auf Finanzhilfen in dieser Form sei möglichst zu verzichten? Die Antwort auf diese Frage dürfte vor allem darin zu finden sein, dass sich Steuervergünstigungen besonders gut für «Rent seeking» eignen (vgl. «Weshalb Ökonomen Subventionen nicht sonderlich mögen»). Das ist aus drei Gründen so:

  • Zum einen sind Steuervergünstigungen relativ zielsicher einzusetzen: Durch die entsprechende Ausgestaltung ist es möglich, der eigenen Klientel einfach und gezielt monetäre Vorteile zukommen zu lassen, ohne die Begünstigungen an Auflagen und Bedingungen zu knüpfen.
  • Zum anderen sind die Kosten solcher Vergünstigungen oft schwer quantifizierbar und bis zu einem gewissen Grad «unsichtbar» – der Verzicht auf Einnahmen erscheint weder im Budget noch in der Staatsrechnung.
  • Schliesslich lassen sich die Kosten von Steuervergünstigungen bequem und weitgehend unbemerkt auf die Allgemeinheit verteilen.

Im Grunde handelt es sich bei solchen spezifisch gewährten Steuervergünstigungen somit um versteckte Subventionen. Sie gehen mit einer Verwischung der Budgetverantwortung einher und spiegeln sich nicht in der Staatsquote (vgl. Jeitziner und Moes 2011). Als weitere Nachteile von Steuervergünstigungen sind die unsystematischen Anreizwirkungen, Mitnahmeeffekte sowie die unklaren – sich meist nicht in der beabsichtigten Form einstellenden – Verteilungswirkungen zu nennen. Zudem erhöhen sie die Komplexität des Steuersystems, schaffen Vollzugsprobleme und entziehen sich der parlamentarischen Steuerung. Oftmals lässt sich nämlich nur mit grossem administrativem Aufwand abklären, wer genau Anspruch auf eine spezifische Steuervergünstigung hat. Gerade derzeit täte der Bund mit seinen klammen Finanzen gut daran, hier genauer hinzuschauen.

Sparpotenzial im Bundeshaushalt: unbekannt

 

Der Bund gewährt jährlich Steuervergünstigungen von geschätzt 20 bis 24 Mrd. Franken. Gewisse davon sind so gestaltet, dass nur ausgewählte Unternehmen und Branchen profitieren; es handelt sich im Grunde um versteckte Subventionen. Das konkrete Ausmass der selektiven Steuervergünstigungen für Unternehmen ist dabei nicht bekannt.

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