Wir googeln oft schneller als wir denken (möchten?). Für die vermeintlichen Gratisangebote der beliebtesten Schweizer Suchmaschine zahlen wir pro Person jährlich geschätzte 180 Fr. – und zwar in Form von persönlichen Daten. Das ist nicht per se schlecht, sollte aber jedem einzelnen bewusst sein.
Die besten Restaurants in Zürich? Was läuft heute wo und wann im Kino? Wie kann man Nackenschmerzen lindern? Das alles sind Suchanfragen, die einen winzigen Bruchteil meines jüngsten/aktuellen Google-Verlaufs ausmachen. Ja – wir sind es gewohnt, uns alltägliche Kleinigkeiten im Internet erklären zu lassen, wir tippen schneller als wir denken, vielleicht suchen wir dabei sogar öfter nach Anweisungen als nach Antworten.
«No such thing as a free lunch»
Wir erfahren durch Google zwar viel über die Welt, der Internetriese jedoch in Folge auch viel über uns. Für die Nutzung der Dienste stimmen wir automatisch den Geschäftsbedingungen zu und haben keine Kontrolle mehr darüber, was mit unseren Daten geschieht – dazu gehören auch sensible Informationen wie Suchanfragen, Adressen, Fotos, Nachrichten, Konsum etc. Daraus werden Profile erstellt, die unser Verhalten prognostizierbar und berechenbar machen. Aus vergangenen Handlungen sollten zukünftige abgelesen werden. Mit einer erschreckenden Offenheit behauptete der ehemalige Google-CEO bereits im Jahr 2010: «Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir wissen mehr oder weniger, worüber du nachdenkst.» Dass diese Aussage nicht auf die lockere Schulter zu nehmen ist, zeigt sich in Googles weltweitem Marktanteil als Suchmaschine von 79% (2017). Google weiss also definitiv sehr viel über sehr viele Menschen.
Doch auch ein Blick auf die explosiven Umsatz- und Gewinnzahlenentwicklungen des Internetgiganten ist aufschlussreich. Der Umsatz wuchs in den letzten 14 Jahren um das 75-fache, von 1,47 Mrd. $ (2003) auf 110 Mrd. $ (2017). Der Gewinn im gleichen Zeitraum von 106 Mio. auf 12,66 Mrd. Weil die Dienste von Google frei zugänglich sind, wird der Umsatz durch Umwegfinanzierung gesichert. Im Fall von Google handelt es sich weitgehend um Werbeeinnahmen. Ungefähr 87% (95,38 Mrd. $) des Umsatzes stammten im Jahr 2017 von Werbung. Als Nutzer zahlen wir insofern, als dass wir Daten und Informationen preisgeben, die es ermöglichen, eine an uns perfekt ausgerichtete Werbung zu schalten. Dabei gilt: je beliebter die Google-Dienstleistungen, desto mehr Daten können für die Profilerstellung auswertet werden, und desto attraktiver wird Google nicht nur für uns Nutzer, sondern auch für die Werbebranche.
Wie viel sind meine Daten wert?
Eine grobe Einschätzung, wie viel die Ware (unsere persönlichen Daten) wert ist, lässt sich auch für den Schweizer Markt treffen. Im Jahr 2017 wurden in der Schweiz 1,42 Mrd. Fr. für Suchmaschinenwerbung ausgegeben. Da der Marktanteil von Google als Suchmaschine 93,38% betrug, gingen geschätzte 1,32 Mio. Fr. dieses Kuchens auf Googles Konto. Umgerechnet auf die 7,4 Millionen Schweizer, die das Internet aktiv nutzen, beläuft sich der Betrag im Schnitt auf 179 Fr., die die Unternehmen für zielgerichtete Werbung, die Google dank unseren Daten schalten kann, zu zahlen bereit sind.
Hinzu kommen noch die Einnahmen aus der klassischen Onlinewerbung, die beispielsweise über Banneranzeigen oder Werbevideos auf diversen Webangeboten und Medienportalen aufgeschaltet wird. Im Schweizer Markt wurden 2017 insgesamt 281 Mio. Fr. für Werbung dieser Art ausgegeben. Will heissen: Der Betrag von 179 Fr. ist als untere Grenze zu verstehen.
Natürlich «schenken» wir Google dieses Geld nicht, und selbstverständlich wird niemand gezwungen, Google zu benutzen. Aber es ist der Preis, den die Werbewirtschaft für unsere Daten zu zahlen bereit ist.
Dieser Beitrag ist Teil der Blogserie «Liberalismus konkret», in welcher wir uns mit den Errungenschaften liberalen Denkens und Handelns befassen.
Dieser Blogbeitrag ist eine Adaption des Artikels «Was schenken wir täglich Google», welcher in der Publikation vom Februar 2015 «Die Privatsphäre und das Netz» veröffentlicht wurde.
Titelbild: Photo by Edho Pratama on Unsplash