Der Lehrplan 21 hat einen kleinen Platz für wichtige ökonomische Themen gefunden. Nebst Anweisungen zur gesunden Ernährung und zur Führung von Alltagsarbeiten sollen die 7.- bis 9.-Klässler auch eine Einführung in die Funktionsweise von Märkten erhalten. Das ist zu begrüssen, denn Studien belegen den erschreckenden Kompetenzmangel der Schweizerinnen und Schweizer in Wirtschaftsfragen.
Es scheint aber, als würde anstatt Fertigkeiten im Fachbereich «Wirtschaft, Arbeit und Haushalt» eher ein Schuldgefühl vermittelt – für die Konsumgesellschaft und unseren Wohlstand. So sollen die Schülerinnen und Schüler «die ökonomischen und sozialen Folgen des Konsums identifizieren» (z.B. Preisdruck, Verschuldung, Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzverlust), «Ideen generieren, wie negative Folgen des Konsums reduziert werden könnten» und überdies «ihre Verhaltensweisen und Wertorientierungen von Lebensstilen aus der Perspektive der nachhaltigen Entwicklung beurteilen» – und wehe, wenn die Eltern sie mit dem Geländewagen in die Schule gefahren haben.
Mehr als ein Katalog von Kompetenzen liest sich diese Liste eher als Sammelsurium vorgefasster Meinungen. Tiefere Preise werden beispielsweise negativ gedeutet, weil damit die Produzenten unter Druck gesetzt würden. Das ist typisch für eine naive Vorstellung von der Volkswirtschaft, die die Produzenten als die wichtigsten Akteure identifiziert – Akteure, die es vor allzu grossen Veränderungen zu schützen gilt, weil diese zu «Arbeitsplatzverlusten» führen könnten.
Damit wird verkannt, dass unser Wohlstand gerade darauf zurückzuführen ist, dass wir die Bedürfnisse der Konsumenten in den Vordergrund gestellt haben, nicht jene der Produzenten. In einer Marktwirtschaft streben die Unternehmen nicht danach, ihre Lieferanten reicher zu machen. Sie möchten Gewinne erzielen, indem sie die Wünsche ihrer Kunden besser als ihre Konkurrenten befriedigen. Deshalb suchen sie nach Kosteneinsparungen und Innovationen.
Es gehörte zur Aufgabe der Volksschule, auch auf die positiven Effekte des Konsums für die Gesellschaft hinzuweisen. (Die positive Wirkung auf den eigenen Wohlstand kennen die Schüler bereits sehr gut. Man versuche nur, ihnen das Mobiltelefon wegzunehmen.) Dazu gehörte etwa im 20. Jahrhundert die Befreiung der Frauen vom Waschtag – durch die Waschmaschine ermöglicht – , oder die Bildungsrevolution des 19. Jahrhunderts, die auch eine Folge günstigerer und besserer Beleuchtung war. Ja, Aufklärung hat auch mit Glühbirnen zu tun.
Es ist wohl unvermeidlich, dass eine Gesellschaft, die ein hohes Wohlstandsniveau erreicht hat, sich vermehrt Sorgen um die Sicherung dieses Wohlstands macht. Doch wenn in einem Lehrplan die Sicherung mehr Aufmerksamkeit geniesst als die eigentlichen Treiber des Wohlstands, ist früher oder später der Wohlstand selbst in Gefahr.