Die Finanzierung der Bahninfrastruktur und der Betrieb des Regionalverkehrs sind zwei Paradebeispiele für teure Fehlkonstruktionen bei der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen. Würde sich diese stärker an föderalen Prinzipien orientieren, könnte der Bund zum einen einiges an Geld sparen. Zum anderen dürfte sich auch das Angebot des öffentlichen Verkehrs vergünstigen.

Bahninfrastruktur

In den Jahren 2024 bis 2027 speist der Bund den Bahninfrastrukturfonds (BIF) jährlich mit 5,35 Mrd. Fr., weitere 650 Mio. Fr. steuern die Kantone bei. Diese Unwucht in den Ausgabenverhältnissen ist das Resultat von politischen Verhandlungen.

Im Rahmen der 2003 bis 2005 diskutierten Bahnreform II wurde eine Entflechtung des damaligen Bahnnetzes in ein vom Bund finanziertes Grundnetz und ein von den Kantonen finanziertes Ergänzungsnetz angestrebt. Die inhaltlich plausibelste Definition des Grundnetzes hätte die Kompetenzen stärker zu den Kantonen verschoben. Das lehnten die Kantone ab – und zwar obwohl ihnen der Bund allfällige Mehrkosten als zweckgebundene Transfers abgegolten hätte. Das Grundnetz wurde daraufhin deutlich umfassender definiert. Trotzdem scheiterte die Vorlage in der parlamentarischen Beratung an dieser Frage.

Mit dem Programm «Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur» (Fabi) wurde 2011 ein neuer Anlauf genommen. Vom Plan einer konsequenten Entflechtung hatte man sich verabschiedet, vorgesehen war aber zumindest eine ansatzweise Entflechtung nach funktionalen Kriterien: Der Bund hätte die Kosten für Bau, Unterhalt und Betrieb der Strecken übernehmen sollen, die Kantone die Kosten für Bau, Unterhalt und Betrieb der «Publikumsanlagen» (Bahnhöfe etc.). Auch diese Massnahme scheiterte in der parlamentarischen Beratung. Stattdessen übernimmt der Bund seit 2016 die Verantwortung für das gesamte schweizerische Schienennetz, inklusive der Bahnhöfe, während die Kantone ohne formales Mitspracherecht gesamthaft eine jährliche Pauschale an den Bund entrichten. Von allen Varianten schien vielen Kantonen offenbar die Position als Bittsteller ohne eigene Verantwortung am liebsten.

Schon 2014 konstatierte der Bund in einem (vom Parlament in Auftrag gegebenen) Bericht, dass bei Fabi die Einhaltung sowohl der Subsidiarität als auch der fiskalischen Äquivalenz fraglich sei. Letztere folgt dem Prinzip, dass, wer profitiert, auch zahlen soll. Eine Aufteilung in ein Grundnetz, für das der Bund die Verantwortung trägt, und ein Ergänzungsnetz, das der Verantwortung der Kantone obliegt, würde bei einer 75 : 25-Aufteilung (Bund : Kantone) jährliche Ausgaben von ca. 4,5 Mrd. Fr. für den Bund bedeuten, also 850 Mio. Fr. weniger, als er gegenwärtig in den Bahninfrastrukturfonds einschiesst. 

Rosarotes Sparschwein an einem Bahnhof in der Schweiz. (KI-Bild))

Wo der Bund den Kantonen das Feld überlassen sollte. (Ernie Ernst, Avenir Suisse, mit KI-Unterstützung)

Betrieb regionaler Personenverkehr

Auch beim ÖV-Betrieb besteht Verbesserungsbedarf: Der Fernverkehr liegt zwar allein in Bundeshand, bei den SBB, und der Ortsverkehr allein bei den Kantonen bzw. ihren Gemeinden. Der regionale Personenverkehr (RPV) ist aber immer noch als Verbundaufgabe ausgestaltet. Die Bestellung des ÖV-Angebots wird alle zwei Jahre vom Bund und den Kantonen gemeinsam durchgeführt. Die Federführung liegt dabei bei dem/den von der Linie betroffenen Kanton/en. Die ungedeckten Kosten (Gesamtkosten minus Einnahmen Fahrausweise) werden vom Bund und den Kantonen im Gesamtverhältnis 50 : 50 getragen (Art. 30 Abs. 1 PBG). Bedingung für die Mitfinanzierung durch den Bund ist eine Erschliessungsfunktion (Art. 6 Abs. 1 Zif. a ARPV). Diese ist allerdings schon gegeben, sobald eine Linie eine Ortschaft mit mindestens 100 Einwohnern anschliesst (Art. 5 VPB). Der Bund zahlt also seinen Anteil an jede noch so kleine regionale Bahn- oder Buslinie, was im argen Widerspruch zu den Grundsätzen der fiskalischen Äquivalenz und der Subsidiarität steht. Für die Vierjahresperiode 2022 bis 2025 beläuft sich der Verpflichtungskredit des Bundes auf 4,4 Mrd. Fr., jährlich gibt er also 1,1 Mrd. Fr. aus.

Doch damit nicht genug: Die Beitragsquote des Bundes ist nicht für alle Kantone dieselbe. In Kantonen mit geringer Bevölkerungsdichte übernimmt der Bund einen höheren Anteil der anfallenden Kosten als in dichter besiedelten Kantonen. So muss Graubünden nur 20% der Kostenunterdeckung seiner ÖV-Angebote selbst berappen, der Kanton Basel-Stadt hingegen 73% (vgl. Abbildung). Eine solche Abstufung der Bundesbeiträge steht zum einen im Widerspruch zu den Prinzipien des Nationalen Finanzausgleichs. Diese sehen eine klare Trennung der Aufgabenteilung von der Umverteilung über den expliziten Finanzausgleich vor. Zum anderen verzerrt sie die Anreize: Ausgerechnet in den peripher gelegenen ländlichen Kantonen, deren ÖV-Linien oft eine miserable Auslastung haben und daher nur sehr niedrige Kostendeckungsgrade erreichen, zahlt der Bund den grössten Teil der Unterdeckung. Das macht es für diese Kantone attraktiv, solche Linien anzubieten, bzw. bei Entscheidungen zum Ausbau oder der Erneuerung der Bahninfrastruktur um solche sehr unwirtschaftliche Linien zu buhlen. Das wiederum erhöht die Gesamtkosten des ÖV.

Fazit

Die einzig konsequente und aus Sicht der Subsidiarität und fiskalischen Äquivalenz befriedigende Lösung wäre es, Infrastruktur und Betrieb des regionalen Personenverkehrs komplett in die Hände der Kantone zu geben. Sie hätten einen deutlich grösseren Anreiz, das ÖV-Angebot nach Nachfrage- und Effizienzkriterien zu gestalten, wenn sie dessen Infrastrukturkosten und die Kostenunterdeckung im Betrieb allein tragen müssten. Im aktuellen Regime hingegen sind die Kantone Bittsteller beim Bund. Die daraus folgenden Investitionsentscheidungen setzen Verteilung über Effizienz, denn sie sind das Ergebnis politischer Verhandlungen statt gesamtwirtschaftlicher Kosten-Nutzen-Abwägungen. Diese Konstellation kommt den Bund Jahr für Jahr teuer zu stehen.

Sparpotenzial im Bundeshaushalt: jährlich 1950 Mio. Franken

 

Fabi: 850 Mio. Franken

RPV: 1100 Mio. Franken

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