Die USA gewinnt für die Schweiz als Handelspartner zunehmend an Bedeutung – dies nicht zuletzt dank dem starken Wachstum der Schweizer Pharmaexporte in die USA, die sich seit der Jahrtausendwende versechsfacht haben. Betrachtet man die Entwicklung über die letzten 30 Jahre hinweg, lässt sich eine deutliche Verschiebung des Warenhandelsvolumen weg von Deutschland hin zu den USA feststellen (vgl. Abbildung 1). Während die USA vor 30 Jahren noch knapp 7% des gesamten Schweizer Handelsvolumen stellten, waren es 2018 beinahe 12%. Dabei ist insbesondere das Exportvolumen aus Schweizer Perspektive stark angestiegen, nämlich von ca. 8% auf 16%. Die Importe verzeichneten eine weniger starke Entwicklung und sind im gleichen Zeitraum lediglich um einen Prozentpunkt von 5% auf 6% des Schweizer Importvolumens angestiegen.

Gleichzeitig verliert Deutschland relativ an Bedeutung: Der Anteil Deutschlands am Warenhandelsvolumen der Schweiz ist von beinahe 30% auf rund 23% gesunken. Die Importe haben mit 9 Prozentpunkten deutlich stärker eingebüsst als die Exporte (3 Prozentpunkte). Diese Zahlen zeigen es klar und deutlich: Über die letzten 30 Jahre ist der relative Bedeutungsvorsprung Deutschlands geschrumpft, die USA haben aufgeholt.

Weiterhin klarer Vorsprung bei den Warenimporten

Trotzdem ist Deutschland punkto Warenhandel sowohl import- als auch exportseitig derzeit immer noch der wichtigste Markt für die Schweiz. Insbesondere bei den Importen bleibt Deutschland der klare Kronfavorit für die Schweiz: Rund ein Drittel aller Importe stammen aus dem Nachbarstaat. Zum Vergleich: Lediglich ein Sechzehntel aller Schweizer Importe haben ihren Ursprung in den USA. Bei den Exporten hingegen sind die Amerikaner den Deutschen näher auf den Fersen: Rund ein Fünftel aller Schweizer Exporte gehen nach Deutschland, rund ein Sechstel in die USA.

 

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei den Warenexporten

Betrachtet man die Exportentwicklung über die letzten 12 Monate hinweg, beginnen die Grenzen zwischen Deutschland als Nr. 1 und den USA als Nr. 2 immer mehr zu verschwimmen. Während die Langzeitbetrachtung (bisher) lediglich einen Bedeutungsverlust Deutschlands aufzeigt (aber keine Rangeinbusse), wurde Deutschland aus Schweizer Exportperspektive über die letzten 12 Monate hinweg immer wieder kurzzeitig von den USA als wichtigster Handelspartnerin der Schweiz abgelöst (vgl. Abbildung 2).

Bei Dienstleistungen und Investitionen liegen die USA bereits vorne

Nicht nur im Warenhandel, sondern auch bei den Dienstleistungen und den Direktinvestitionen stehen die USA unserem deutschen Nachbarn in nichts nach. Im Gegenteil: Die USA sind sogar die Nr. 1 im Dienstleistungshandel – mit keinem anderen Land tauscht die Schweiz so viele Dienstleistungen aus wie mit den Vereinigten Staaten. Bei den Exporten spielen Dienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung sowie Lizenzgebühren die grösste Rolle, bei den Importen sind es ebenfalls Lizenzgebühren, aber auch Versicherungsdienste. Der US-Anteil am gesamten Schweizer Dienstleistungsvolumen (Importe und Exporte) betrug im Jahr 2018 beinahe 20%, gefolgt von Deutschland mit 13% (vgl. Abbildung 3). Insbesondere die Dienstleistungsimporte aus den USA sind hinsichtlich ihrer Bedeutung besonders hervorzuheben: sie betragen ganze 24% – jede vierte, importierte Dienstleistung kommt also aus den USA. Gegenüber 2012 entspricht dies einem Anstieg von 5 Prozentpunkten. Die Dienstleistungsexporte sind im gleichen Zeitraum lediglich um einen Prozentpunkt gestiegen. Während die Schweiz mit den USA somit einen Überschuss im Warenhandel erzielt, verfügt sie über ein klares Defizit bei den Dienstleistungen. Auch in punkto Direktinvestitionen nehmen die USA im Ländervergleich den ersten Rang ein, sofern man die Handelspartner auf Länderebene betrachtet. Umgekehrt ist die Schweiz – mit ihrer kleinen Grösse – der beachtlich siebtwichtigste Investor in den USA.

Wichtiger Handelspartner, aber kein Abkommen

Obwohl die USA also der zweitwichtigste – in gewissen Bereichen sogar der wichtigste –Handelspartner sind, gibt es zwischen den beiden Wirtschaftspartnern kein Freihandelsabkommen (FHA). Während die Schweiz mit Deutschland im Rahmen der bilateralen Verträge mit der EU über eine rechtliche Grundlage für die wirtschaftlichen Beziehungen verfügt, existiert diese mit den USA bisher nicht. Und dies, obwohl ein FHA nicht nur zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, sondern auch massgeblich zur Rechtssicherheit beitragen würde.

Schon heute profitieren die beiden Länder von ihren bilateralen Handelsbeziehungen (Waren, Dienstleistungen und Direktinvestitionen) in Form von über 700’000 direkten Arbeitsplätzen, davon rund 260’000 in der Schweiz und 450’000 in den USA. Ein FHA würde durch das erhöhte Handelsvolumen neue Arbeitsplätze schaffen – alleine durch den Warenhandel entstünden fünf Jahre nach Abschluss des Abkommens in der Schweiz zusätzliche Stellen im gleichen Umfang, wie sie Roche oder Novartis in der Schweiz aufweisen (Dümmler und Anthamatten 2019).