Das Thema Arbeitszeit hat Hochkonjunktur. Besonders in Verbindung mit der Digitalisierung wird breit darüber diskutiert, wie sich die Arbeitsbelastung entwickelt. Grundsätzlich gilt, dass in der langen Frist die Arbeitsstunden pro Beschäftigten deutlich abgenommen haben und dank Produktivitätszuwachs trotzdem mehr Wohlstand geschaffen werden konnte. In der aktuellen Debatte werden Befürchtungen geäussert, dass Arbeitnehmende jüngst immer mehr arbeiten müssten.
Im Durchschnitt ein Rückgang um 22 Stunden
Die nachfolgenden Grafiken zeigen die Entwicklung der bezahlten Arbeitszeit in der jüngeren Vergangenheit zwischen 2010 und 2016 (Gedanken zum Einfluss unbezahlter Arbeitsstunden gibt es zum Beispiel hier). Die Befürchtungen, dass die Arbeitszeiten in dieser Zeit gestiegen sind, stimmen nur sehr bedingt. Nach 2010 ist die Anzahl Arbeitsstunden pro Vollzeitstelle zunächst deutlich gesunken, um nach 2013 bis 2015 wieder leicht anzusteigen. Von 2010 bis 2016 hat sich die tatsächliche jährliche Arbeitszeit pro Vollzeitstelle im Durchschnitt aller Branchen insgesamt so um rund 22 Stunden verkürzt*. Abgestützt wird dabei auf die tatsächliche Jahresarbeitszeit pro Vollzeitstelle. Das heisst, es werden jene Stunden berücksichtigt, die tatsächlich durch die Beschäftigten geleistet werden – also inklusive Überstunden, und exklusive Absenzen. Die Statistiken des Bundes lassen Aussagen zu verschiedenen Branchen, Nationalitäten und Geschlechtern zu. Die Rolle von unterschiedlichen Ausbildungen und Hierarchiestufen bleibt unberücksichtigt.
Interessant sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen. Hierbei sticht besonders die Land- und Forstwirtschaft hervor, die einen Rückgang um stattliche 51 Stunden verzeichnen konnte. Und auch in neun weiteren Branchen besteht eine sinkende Arbeitsbelastung – wenn auch nicht überall im selben Ausmass. Auf der anderen Seite des Spektrums mussten die Beschäftigten in den Kategorien Kunst und sonstige Dienstleistungen eine leichte Erhöhung in Kauf nehmen.
Grosse Unterschiede in den Arbeitszeiten zwischen Mann und Frau
Schlüsselt man die Entwicklung weiter nach Geschlecht auf, wird deutlich, dass Frauen im Mittel aller Branchen die stärkere rückläufige Entwicklung bei der Jahresarbeitszeit zu verzeichnen hatten – ebenfalls gemessen in tatsächlichen Arbeitsstunden pro Vollzeitstelle. Am ausgeprägtesten fiel der Unterschied zwischen den Geschlechtern im Bereich Information und Kommunikation aus. Hier war der Trend genau anders herum. Während für Frauen 41 Stunden dazu kamen, reduzierte sich die Arbeitszeit der Männer in der selben Branche um 30 Stunden
Unterschiede zwischen In- und Ausländern
Unterscheidet man in Bezug auf Nationalität, lässt sich feststellen, dass bei den Ausländern der Rückgang mit 28 Stunden gegenüber der durchschnittlichen Reduktion der Schweizer von 20 Stunden stärker ausfiel.
Der stärksten Abbau lässt sich in der Land- und Forstwirtschaft beobachten, und zwar sowohl bei den Ausländern als auch den Inländern. Dort fiel die jährliche Arbeitszeit um 85 bzw. 64 Stunden. Zugenommen hat die Arbeitsdauer je nach Nationalität jedoch an unterschiedlichen Orten. Bei den Inländern ist dies unter anderem im Verkehr und der Lagerei der Fall. Hingegen hat bei den Ausländern die Jahresarbeitszeit lediglich im Bereich der Kunst und den sonstigen Dienstleistungen zugenommen.
Über den ganzen Zeitraum betrachtet lässt sich so folgendes Fazit ziehen: In den meisten Branchen zeigt sich in der mittleren Frist eine Reduktion der Arbeitsbelastung – aber nicht in allen Branchen und auch nicht für alle Erwerbstätigen im gleichen Ausmass.
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* Nach einer Überarbeitung der Datengrundlage sind gemäss Bundesamt für Statistik nur Daten zu den Jahren 2010 bis 2016 verfügbar. Einige der Resultate sollten auf Grund statistischer Unschärfen nicht überinterpretiert werden. Berücksichtigt wurden Vollzeitarbeitnehmende mit einem Beschäftigungsgrad von 100%. Davon ausgenommen sind Arbeitnehmende in der eigenen Firma und Lehrlinge.