Der Coronavirus-Lockdown hat zu einem Boom des Homeoffice geführt. Laut einer Sotomo-Umfrage im Auftrag der SRG erledigt derzeit fast ein Drittel der Beschäftigten ihre Arbeit ausschliesslich zuhause – weitere 20% teilweise. Obwohl letztes Jahr gemäss einer Erhebung des BFS bereits jede dritte Arbeitskraft Homeoffice-Erfahrung hatte, war lediglich für 5% der Beschäftigten das eigene Zuhause der Hauptarbeitsort.
Doch wie viele Jobs kommen in der Schweiz überhaupt dafür infrage? Und welche Beschäftigten können besonders gut im Homeoffice arbeiten? Um Antworten darauf zu finden, haben wir – nach dem Vorbild der Studie von Dingel und Neiman (2020) – verschiedene Berufe kategorisiert.
Es zeigt sich, dass trotz der Digitalisierung die Mehrheit der Beschäftigten ihre Arbeit nicht oder nur teilweise im Homeoffice erledigen können: Für 58% ist es kaum möglich, weitere 16% können einen Teil der Aufgaben verlagern. Fast 70% der Beschäftigten arbeiten in Branchen, in denen Homeoffice gar nicht oder nur teilweise denkbar ist. Dazu gehören vor allem Bereiche mit physischem Kontakt zu anderen Menschen, im Gastgewerbe oder im Gesundheits- und Sozialwesen. Aber auch im Baugewerbe oder in der Industrie bleibt Homeoffice eine Utopie.
Zudem sind regionale Unterschiede zu beobachten: In Städten ist der Anteil an Beschäftigten mit guten Homeoffice-Möglichkeiten höher als auf dem Land. In Kantonen wie Obwalden oder Glarus gibt es nur für ca. 30% die Möglichkeit, in den eigenen vier Wänden zu arbeiten. Grenzen setzt auch das Bildungsniveau: Während 60% der Beschäftigten mit Tertiärabschluss gut oder teilweise von zu Hause arbeiten können, können dies nur halb so viele Erwerbstätige mit mittlerer Qualifikation. Unter den Niedrigqualifizierten liegt der mögliche Anteil unter 20%.
Da die Löhne tendenziell mit dem Qualifikationsniveau steigen, sind die Beschäftigten mit guten Homeoffice-Möglichkeiten auch vermehrt in der oberen Hälfte der Einkommensverteilung zu finden. In den 20% der Haushalte mit den geringsten Einkommen können deutlich weniger Beschäftigte im Homeoffice arbeiten (27%) als beim obersten Einkommensquintil (58%).
Der Zusammenhang zwischen Homeoffice-Möglichkeiten und gut bezahlten Jobs zeigt sich auch daran, dass die 26% der Erwerbstätigen mit guten Homeoffice-Möglichkeiten 34% der gesamten Lohnsumme verdienen, während die 58% der Beschäftigten ohne Homeoffice-Möglichkeiten nur 49% der gesamten Einkommen erzielen.
Welche Effekte das Experiment «Homeoffice» langfristige auf unsere Arbeitswelt hat, wird sich zeigen. Vermutlich verlagert sich mit der schrittweisen Lockerung der Massnahmen auch die Arbeit langsam wieder in die Büros – jedenfalls für Beschäftigte, bei denen das Homeoffice mit grösseren Produktivitätseinbussen verbunden ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Trend zu mehr Homeoffice durch die jetzige Situation gestärkt wird, da bei einigen Arbeitgebern Vorurteile abgebaut werden und manche Arbeitnehmenden die Vorteile des Arbeitens in den eigenen vier Wänden ungern wieder aufgeben werden.
Möglicherweise setzt sich in Zukunft eine Mischung aus Homeoffice und Büroalltag durch. Denn das Arbeiten von zuhause bringt auch Nachteile mit sich. Darauf deutet ein Experiment aus China hin: Nachdem ein Teil der Belegschaft eines Callcenters nach neun Monaten freiwilligem Homeoffice wählen durfte, ob er weiterhin in den eigenen vier Wänden oder wieder im Büro arbeiten wolle, entschied sich rund die Hälfte letzteres. Als Hauptgrund gaben viele an, dass sie sich im Homeoffice einsam fühlten. Der persönliche Austausch mit Arbeitskollegen kann wohl doch nicht so einfach ersetzt werden.
Methodisches Vorgehen
Für die Beurteilung der Homeoffice-Möglichkeit der Erwerbstätigen orientieren wir uns an einer Analyse von Dingel und Neiman (2020). Anhand eines US-Datensatzes mit Informationen über das Arbeitsumfeld und die Arbeitsabläufe wird für einzelne Berufe beurteilt, ob die Möglichkeit besteht von zu Hause zu arbeiten oder nicht. Sagt beispielsweise die Mehrheit der Erwerbstätigen eines bestimmten Berufs, dass sie täglich draussen arbeiten oder der Einsatz von Maschinen oder Fahrzeugen ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist, gilt dieser Beruf als nicht Homeoffice-tauglich. Diese Kategorisierung haben wir für die Sake-Daten 2017 übernommen und die unterschiedlichen Berufsgruppen gemäss ihren Möglichkeiten im Homeoffice zu arbeiten in drei Kategorien gegliedert (Homeoffice kaum möglich (<0.2), teilweise möglich (0.2 - 0-8), gut möglich (>0.8)).