Die staatliche Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen sollen möglichst effizient erfolgen. Dafür sind Flexibilität und Unabhängigkeit in der operativen Führung der Betriebe sowie ein finanzieller Spielraum von Bedeutung. Die Lehre des New Public Management fordert eine institutionelle Trennung von Leistungskäufer (Regierung/Verwaltung) und Leistungserbringer (öffentliche oder private Unternehmung).
Damit wird eine ökonomische Erkenntnis formalisiert: Die Organisationsform öffentlicher Unternehmen hat einen signifikanten Einfluss auf die Effizienz der Bereitstellung. Private Unternehmen erbringen – falls nötig unter adäquater Regulierung – die Produktion von Gütern und Dienstleistungen in der Regel kostengünstiger und generieren damit den grössten Nutzen für die Konsumenten, bzw. Steuerzahlenden. Das haben die Regulierungsökonomen William Roy und Anne Yvrande-Billon, die 2007 den Einfluss der Organisationsform des Anbieters auf die Effizienz des städtischen, öffentlichen Nahverkehrs in Frankreich untersuchten, empirisch bestätigt.
Ihre Erkenntnisse überraschen nicht, wenn man sich die Praxis vor Augen hält: In die Verwaltung integrierte Betriebe müssen Verträge oder Investitionsentscheide immer durch die jeweiligen Exekutive und teils auch die Legislative absegnen lassen. Der damit verbundene politische Entscheidungsprozess ist zeitlich aufwändig, ineffizient und erschwert die wirtschaftliche Führung.
Das Städtemonitoring
Basierende auf diesen Erkenntnissen beurteilt der vorliegende Indikator die Organisationsform dreier zentraler städtischer Betriebe: des öffentlichen Verkehrs, des Entsorgungswesens und der Elektrizitätsversorgung. Neben der formellen Eigenständigkeit im Sinne der Rechtsform bzw. der Eigentümerschaft eines Betriebs wurde dabei auch dessen materielle Unabhängigkeit von Verwaltung und Politik beleuchtet.
Die Auslagerungsgrade sehen – aufsteigend sortiert – folgendermassen aus:
- Betrieb ist Teil der städtischen Verwaltung. Hat kein Globalbudget
- Betrieb ist Teil der städtischen Verwaltung. Hat Globalbudget
- Betrieb ist eine unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalt
- Betrieb ist eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt
- Betrieb ist eine AG in Vollbesitz der Stadt
- Betrieb ist eine AG in Teilbesitz der Stadt
Sind Vertreter der städtischen Exekutive in den Steuerungsorganen des (ausgelagerten) Betriebs, verringert das den Auslagerungsgrad um einen Punkt.
Ergebnisse
Die Unterschiede im Auslagerungsgrad der städtischen Betriebe sind gross. In der Regel wird eine starke Nähe zur Verwaltung gepflegt. Selbst bei rechtlich selbständigen Unternehmen nimmt in den meisten Fällen ein Vertreter der Exekutive Einsitz im Verwaltungsrat, was die politische Einflussnahme (über die notwendigen strategischen Vorgaben hinweg) nach wie vor ermöglicht. Prinzipiell spiegelt sich in den meisten Städten damit auch der Zeitgeist, der Privatisierungen und Auslagerungen entgegen aller ökonomischen Evidenz kritisch gegenübersteht.
Extrembeispiel hierfür ist Zürich, wo sämtliche untersuchten Betriebe noch direkt in die Verwaltung integriert sind (lediglich das EWZ verfügt wenigstens über ein Globalbudget). Politische Vorstösse, dies zu ändern, haben es schwer. Darüber hinaus führt Zürich sogar noch zwei Stadtspitäler als Teil der Verwaltung – also ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Beide sind hochverschuldet.
Auch die zweite Stadt im Kanton Zürich, Winterthur, verfügt noch über ein solches Modell. St. Gallen geht mit der Auslagerung in unselbständige öffentliche-rechtliche Anstalten nicht viel weiter. Das am weitesten verbreitete Modell ist das der selbständigen öffentlich-rechtlichen Unternehmung oder der Aktiengesellschaft in Vollbesitz der Stadt. Die Städte mit den höchsten Punktzahlen – Lugano und Biel – setzen für alle untersuchten Betriebe auf diese Organisationsformen. Allerdings hat keine Stadt das Prinzip der vollständigen Trennung via Leistungsauftrag und Leistungserbringung umgesetzt. Auch bei Aktiengesellschaften im Teilbesitz der Städte behalten diese die Mehrheit.
Weiterführende Informationen finden Sie in der Studie «20 Jahre Schweizer Stadtpolitik».