So unterschiedlich die jeweiligen politischen Systeme auch sein mögen – bei genauerer Betrachtung gibt es auffällige Parallelen zwischen Singapur und der Schweiz:
Beide Länder sind klein, aber wirtschaftlich höchst erfolgreich. Der Global Competitiveness Index des WEF weist die beiden Nationen seit mehreren Jahren unangefochten als die wettbewerbsfähigsten der Welt aus. Singapur wie auch die Schweiz verfügen kaum über nennenswerte natürliche Ressourcen, haben sich aber als wichtige internationale Finanz- und Handelszentren etabliert. Dementsprechend ähnlich sind die aktuellen Herausforderungen der beiden Länder betreffend internationaler Steuer- und Finanzfragen. Auch in gesellschaftspolitischen Bereichen gibt es Gemeinsamkeiten: Beide Länder sind durch eine hohe Multikulturalität gekennzeichnet, sind regionale Immigrationsmagnete und kämpfen mit den Folgen einer alternden Bevölkerung.
Mit über 100 Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik, der akademischen und diplomatischen Welt sowie einer ausgewogenen Mischung von Gästen mit singapurischem und schweizerischem Hintergrund stiess das Seminar auf ein grosses Echo. Eröffnet wurde es mit einigen grundsätzlichen Überlegungen zum Thema von Prof. Tommy Koh (Special Advisor IPS) und Gerhard Schwarz (Direktor Avenir Suisse). Naturgemäss lag der Fokus des von Gillian Koh (Senior Research Fellow IPS) moderierten Seminars stärker auf der Frage, was Singapur von der Schweiz lernen könnte. Selbst das Hauptreferat des singapurischen Ministers S. Iswaran, beschäftigte sich fast ausschliesslich mit der Schweiz und machte deutlich, dass das «Erfolgsmodell Schweiz» im Bewusstsein der politischen Elite Singapurs stark verankert ist, dass es sehr genau studiert wird und als Vorbild und Vergleichsmassstab dient. Auf der globalen Bühne wird die Schweiz gleichzeitig als Konkurrent und als Verbündeter mit ähnlichen Interessen wahrgenommen.
Avenir-Suisse-Direktor Gerhard Schwarz und Vizedirektor Samuel Rutz zeigten in ihren Referaten, welche Faktoren dazu beigetragen haben, dass die Schweiz so viele global erfolgreiche Unternehmen hervorgebracht hat und worin die Vorzüge des schweizerischen Lehrlingssystems bestehen. In den zum Teil sehr lebhaften anschliessenden Diskussionen war man sich vor allem einig, dass sich das «Erfolgsmodell Schweiz» nicht 1:1 auf Singapur übertragen lässt. Vor allem das unterschiedliche Verständnis der Gesellschaft, die im einen Fall von unten nach oben organisiert, im anderen dagegen stark von oben nach unten gemanaged wird, erschweren dies. Einzelne Teilelemente könnten aber sehr wohl auch in Singapur umgesetzt werden, nicht zuletzt eine praxisbezogenere, stärker betrieblich orientierte Ausbildung in vielen technischen Berufen.
Den Abschluss des Seminars bildete eine offene Diskussion darüber, welche Themen im Rahmen eines zweiten Seminars in der Schweiz zu vertiefen wären. Dabei wird es mehr um jene Bereiche gehen, in denen die Schweiz von Singapur lernen kann.