Alexander Rüstow (1885-1963) gilt als einer der letzten Universalgelehrten Deutschlands. Als Humanist setzte er sich für eine freie Wirtschaft und Gesellschaft ein. Seine grosse Leistung besteht in der Vereinigung universalgeschichtlicher und kultursoziologischer Erkenntnisse mit den wirtschaftspolitischen Grundsätzen des Neoliberalismus, dessen Namensgeber er auf dem Walter-Lippmann-Colloquium 1938 war. Seine Rede «Freie Wirtschaft – freier Staat» auf der Tagung des Vereins für Socialpolitik 1932 gilt als Gründungsdokument des Neoliberalismus.
«Absolute Sicherheit, absolute Geborgenheit, ist nicht wohlfeiler als um den Preis der Freiheit zu haben. Absolut geborgen und sicher sind: das Kind, das Haustier, der Sklave – weil Andere sorgen, weil Andere verantwortlich sind. Selbständigkeit ohne Verantwortung, Freiheit ohne Risiko gibt es nicht, das wäre ein Widerspruch in sich selber.»
«Der Fürst weiss, was richtig ist, und er muss mit allen Mitteln, die ihm seine absolutistische Regierungshoheit zur Verfügung stellt, die Durchführung dieser seiner Anschauungen erzwingen. Diese absolutistische Befehlswirtschaft und Zwangswirtschaft hatte groteske Formen angenommen, und in dem Masse, als das Bürgertum als der Träger des wirtschaftlichen Fortschritts damals reifer, entwickelter, selbstbewusster wurde, fing es an, sich gegen diese Bevormundung, gegen diese Befehlswirtschaft, zu wehren. Aus dieser Zeit und aus dieser Situation stammt auch die Parole ‚Laissez nous faire!‘»
«Sondern, während im Abendland die christlichen Untertanen und Beichtkinder noch bis ins 18. Jahrhundert hinein von der unterwürfigen Vorstellung des obrigkeitlich regulierten «gerechten Preises» beherrscht wurden, die sogar kürzlich wieder im Totalismus ihre Auferstehung gefeiert hat, wurde bei den Arabern schon spätestens seit dem 9. Jahrhundert n. Chr. das System der freien Marktpreisbildung aus Angebot und Nachfrage vertreten, eine liberale Theorie und Praxis des laissez-faire, die durch einen dem Propheten selbst in den Mund gelegten Ausspruch (hadith) obrigkeitliche Preisfestsetzung ausdrücklich ablehnte.»
«Meine Meinung ist eben, dass dieser Rahmenbegriff der Freiheit mit dem Inhalt der Menschlichkeit gefüllt werden muss, dass er daraus seine Berechtigung entnimmt und dass man sich darüber klar sein muss, warum man die Unfreiheit, warum man die Vergewaltigung ablehnt, nämlich deshalb, weil sie einen daran hindert, ein Mensch zu sein. Weil man ein Mensch sein will, will man nicht von Andern vergewaltigt werden; denn zum Menschsein, zur Entfaltung der Menschlichkeit gehört eben die Freiheit.»
«Was wir dem Bolschewismus letztlich vorzuwerfen haben, das ist seine vollendete Unmenschlichkeit und seine absolute Unterdrückung der Freiheit, ohne die Menschlichkeit nicht gedeihen kann.»
«Wir Humanisten waren von jeher der Überzeugung und sind es hoffentlich auch noch, dass das Ideal der Freiheit den eigentlichen Grundstein und Mittelpunkt des Erbes bildet, das wir den Griechen verdanken. Und dass letztlich dieses Ideal der Freiheit es ist, das uns zu unseren humanistischen Überzeugungen berechtigt und verpflichtet.»
Diese Zitate von Alexander Rüstow stammen aus dem Buch «Herrschaft oder Freiheit – Ein Alexander-Rüstow-Brevier» von Roland Baader (Hrsg.), publiziert in der Reihe «Meisterdenker der Freiheitsphilosophie» bei NZZ Libro.
In dieser Artikelreihe über Klassiker der liberalen Schule, deren Aussagen bis heute Gültigkeit haben, erscheinen auch Texte von Adam Smith, Benjamin Constant, Lord Acton, Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke, Ludwig Erhard, Friedrich August von Hayek sowie Milton Friedman.