Die Diskussion um die Vorsorgereform 2020 drehte sich primär um die Leistungshöhe (den ominösen AHV-Zuschlag von 70 Fr. pro Monat für Neurentner), die Zusatzfinanzierung via Mehrwertsteuer oder Lohnbeiträge und die Erhöhung des Frauenrentenalters. Die Optimierung der Renditenmöglichkeiten am Kapitalmarkt, des «dritten Beitragszahlers», wurde jedoch aus dem politischen Diskurs ausgeblendet.
Vielleicht ist es besser so. Gute Anlageentscheide brauchen kühle Köpfe, die schnell auf Veränderungen am Kapitalmarkt reagieren können. Die Politik hinkt hingegen oft Tendenzen hinterher und entscheidet eher auf der Basis von wahltaktischem Kalkül statt von ökonomischen Analysen. Trotzdem sollte dem Kapitalmarkt mehr Achtung geschenkt werden. Die Rentenhöhe wird, mindestens in der 2. Säule, signifikant von den Anlageerträgen der Vorsorgewerke beeinflusst.
In der ersten Säule verwaltet zwar der AHV-Fonds stolze 41 Mrd. Fr. (2015), die durchschnittlichen Erträge aus diesem Vermögen entsprachen jedoch nur 3% der AHV-Einnahmen zwischen 2011 und 2015. Ganz anders in der beruflichen Vorsorge: Dort betrugen die laufenden Erträge (ohne Wertschwankungen) der Pensionskassenvermögen im Fünfjahresdurchschnitt 23% der Einnahmen. Allerdings reduzierte sich der Beitrag des Kapitalmarkts infolge sinkender Renditen stetig, von 27% der jährlichen Einnahmen 2008 auf 22% 2014. Die sinkenden Erträge sollten jedoch nicht fatalistisch hingenommen werden. Es gibt Raum für Optimierung.
Eine Studie der Schweizerischen Bankiervereinigung zeigt, dass die durchschnittliche Anlagestrategie der Schweizer Pensionskassen deutlich unter der Effizienzkurve von Markowitz liegt. Diese Kurve beschreibt das optimale Renditen-Risikoprofil für ein perfekt diversifiziertes Anlageportfolio. Im Schnitt könnten die Pensionskassen mit einer besseren Asset-Allokation rund einen Prozentpunkt mehr Performance bei gleichbleibendem Risiko realisieren, oder bei gleicher Rendite das Risiko signifikant reduzieren. Dies gilt selbst unter Beachtung der Anlagevorschriften der BVV2-Verordnung.
Nebst der strategischen Asset-Allokation besteht auch Optimierungspotenzial in der Effizienz der Vermögensverwaltung, zum Beispiel durch die Realisierung von Skaleneffekten. Zwar sind die Vermögen der Pensionskassen bereits stark konzentriert. Die 190 grössten Pensionskassen (10% aller Vorsorgeeinrichtungen) kumulierten im Jahr 2014 83% des verwalteten BVG-Vermögens. Die übrigen, kleineren Pensionskassen haben eine schlechtere Verhandlungsposition gegenüber Asset-Managern. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen zahlen sie ca. 35 Basispunkte mehr Vermögensverwaltungskosten. Dies entspricht ca. 600 Mio. Fr. pro Jahr.
Für kleinere Pensionskassen ist deshalb das Poolen von Ressourcen in kollektiven Anlagestiftungen oder die Bündelung einzelner Prozesse mit anderen Mitbewerbern besonders wichtig. Zudem wird die Konsolidierung der Pensionskassen weitere Synergieeffekte ermöglichen: Jährlich verschwinden ca. 4% der Vorsorgeeinrichtungen. Wachsende Konkurrenz, zum Beispiel durch die Einführung der freien Pensionskassenwahl, könnte diesen Konzentrationsprozess beschleunigen.
Die Realisierung des Optimierungspotenzials ist keine leichte Sache. Entsprechend ist die Branche gefordert: Gelingt es ihr nicht, die Renten dank besserer Rendite und Effizienz zu erhöhen, könnte sich die Politik künftig sehr wohl in Anlageentscheiden einmischen.
Dieser Beitrag ist in der Zeitschrift «Schweizer Versicherung» vom Mai 2017 erschienen.