Im Jahr 2003 trat das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung in Kraft. Das Gesetz sah Bundesbeiträge für die Schaffung von Betreuungsplätzen vor und die Mitfinanzierung von Subventionen der Kantone an die Eltern. Ursprünglich auf acht Jahre begrenzt, wurde es 2010, 2014, 2018 laufend um jeweils 120 Millionen Franken erweitert. Nun soll es bis Ende 2026 ein letztes Mal verlängert und anschliessend in eine permanente Aufgabe überführt werden – mit Kosten von 800 Millionen pro Jahr.

Damit droht nicht nur eine ursprünglich als befristet erklärte Massnahme zu einem – deutlich teureren – Dauerzustand zu werden. Vielmehr werden mit diesem Vorgehen auch föderale Prinzipien verletzt. Denn Bildung ist grundsätzlich eine Kompetenz der Kantone. Der Bund argumentiert zwar, sein Zutun sei prinzipientreu: Die grosse Nachfrage für Krippenplätze übersteige teilweise die Kapazitäten der Kantone. Gleichzeitig käme der Nutzen der frühkindlichen Betreuung der gesamten Volkswirtschaft zugute, weil die Eltern öfter erwerbstätig seien.

Diese Argumentation ist jedoch nicht stichhaltig. Wäre der Einfluss der ausserfamiliären Kinderbetreuung auf die Erwerbsbeteiligung so eindeutig, wie vom Bund angenommen, müsste sich die Investition auch für die Kantone lohnen. Eine Zentralisierung wäre gemäss Subsidiaritätsprinzip höchstens gerechtfertigt, wenn der Bund diese Leistung aufgrund von Skalenerträgen günstiger bereitstellen könnte als die Kantone. Dies ist hier nicht der Fall.

Auch weist die Krippensubventionierung in einem Kanton keine positiven Spillover-Effekte auf andere Kantone auf. Solche Effekte könnten eine zentralisierte Finanzierung rechtfertigen. Die externe Kinderbetreuung verbessert die Vereinbarkeit von Beruf von Familie jedoch in dem Kanton, der diese Betreuung subventioniert, nicht im Nachbarkanton. Folgt man der Argumentation des Bundes, müsste er sämtliche standortverbessernden Massnahmen der Kantone mitfinanzieren. Das Handeln des Bundes wirkt somit erratisch.

Keine Wüste mehr

Mittlerweile sind die Sorgen um die verfassungsmässig korrekte Ansiedelung der familienergänzenden Kinderbetreuung in den Hintergrund gerückt, so stark ist der Drang der Bundespolitik in diesem Bereich «das Richtige» zu tun. Ursprünglich ging es darum, die Schaffung von Kitaplätzen zu unterstützen. Jetzt liegt der Fokus auf der finanziellen Entlastung der Familien. Demnach soll der Bund für jedes Kind ab der Geburt bis zum Ende der Primarschule 20 Prozent der Kosten für Krippe oder Tagesschule übernehmen.

Die nachträgliche Zielanpassung folgt politischem Opportunismus, denn in der Schweiz wurde das Angebot an familienergänzender Betreuung in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweitet. Von einer «Kitawüste» kann nicht mehr die Rede sein: Zwischen 1985 und 2022 nahm die Zahl der Einrichtungen von 480 auf 3200 zu, mit rund 100’000 Betreuungsplätzen. Relativ zur Zahl der Kinder hat sich das Platzangebot verfünffacht, womit die Versorgung im europäischen Mittelfeld liegt.

Rosarotes Sparschwein im sprudelnden Wasser am «Rheinfall». (KI-Bild)

Wo der Bund den Kantonen das Feld überlassen sollte. (Ernie Ernst, Avenir Suisse, mit KI-Unterstützung)

Zwar verursacht der Rückgriff auf die externe Kinderbetreuung hohe Kosten für die betreffenden Familien: Der Eigenfinanzierungsgrad, also der Anteil der Kosten, der direkt von den Nutzern bezahlt wird, liegt bei rund 65% – er ist damit höher als in den meisten OECD-Ländern. Aber diese Kosten werden vorwiegend von den wohlhabenderen Haushalten getragen. Laut Haushaltsbudgeterhebung des Bundesamtes für Statistik gibt das reichere Drittel jener Familien, die Kinder im Vorschulalter extern betreuen lassen, etwa dreimal mehr als das einkommensschwächste Drittel aus (rund 1450 Fr. pro Monat gegenüber 450 Fr.). Im untersten Drittel machen diese Ausgaben 5,4% des Bruttoeinkommens aus, im mittleren 6,5% und im obersten Drittel 6,9%. Die prozentuale Belastung der Budgets ist also weitgehend unabhängig vom Einkommen. Eine stärkere finanzielle Unterstützung des Bundes würde vor allem Mitnahmeeffekte im Mittelstand (und darüber) erzeugen.

Vereinbarkeit fördern, aber richtig

Angesichts des Fachkräftemangels und der Bedeutung von durchgehender beruflicher Tätigkeit für die Gleichstellung kann eine staatliche Unterstützung von Kinderbetreuungsangeboten sinnvoll sein. Der Honigtopf des Bundes ist aber nicht das geeignete Instrument dafür.

Krippen, Kitas, Tagesfamilien, Mittagstische sind alles wichtige Puzzlesteine der Gleichstellung. Die höchste Wirksamkeit hat dabei eine staatliche Unterstützung, die zu einer Ausweitung der Betreuungsplätze führt. Die Senkung der Tarife für alle ist dazu weniger geeignet. Gemäss einer Studie des Beratungsunternehmens Infras für die Jacobs-Foundation aus dem Jahr 2018 würden 28 Prozent der Familien Kinder im Vorschulalter gar nicht extern betreuen lassen, auch wenn dies gratis wäre.

Entscheidend ist also, dass die finanziellen Mittel gezielt eingesetzt werden, um eine nachhaltige Verbesserung der Betreuungssituation zu erreichen, ohne dabei föderale Prinzipien zu verletzen oder unnötige Mitnahmeeffekte zu erzeugen. Nur so kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie langfristig gefördert und die Gleichstellung effektiv vorangetrieben werden.

Sparpotenzial im Bundeshaushalt: 800 Millionen Franken pro Jahr

 

Will der Staat die externe Kinderbetreuung ausbauen, sollte man dies auf lokaler Ebene in Angriff nehmen, wo auch der Nutzen anfällt.

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