Die Medienkonvergenz verschärft nicht nur den Wettbewerb zwischen den «klassischen» Medien, sondern sie schafft auch neue Konkurrenz durch – häufig internationale – Akteure wie Telekomunternehmen, Suchmaschinen oder soziale Medien. In diesem Kontext wird das geltende Medienförderregime zum Anachronismus. Erstens ist es explizit technologiespezifisch ausgerichtet, indem es Print, Radio und TV separat fördert, während das Internet als in Zukunft wichtigste Plattform unberücksichtigt bleibt. Damit verbunden sind strukturerhaltende und marktverzerrende Effekte. Zweitens verfälscht die grosszügige Gebührenfinanzierung der SRG immer mehr den Medienwettbewerb. Die auf dieser Basis produzierten audiovisuellen Inhalte verschaffen ihr online ein wichtiges Differenzierungspotenzial gegenüber den privaten Anbietern. Drittens ist die Medienförderung kontraproduktiv, wenn die damit verbundenen Wettbewerbsverzerrungen die Konsolidierung noch verstärken und die Medienvielfalt weiter schmälern.
Kurzfristige Massnahmen gegen die SRG-Expansion
Vor dem Hintergrund des technischen Wandels könnte die staatliche Medienförderung grundsätzlich in Frage gestellt werden. Das neue Diskussionspapier von Avenir Suisse unterstellt aber, dass es auch in Zukunft einen gesellschaftlichen und politischen Konsens für eine Medienförderung geben wird. Es diskutiert daher Lösungen, die das heutige Fördersystem sinnvoll in eine konvergente Medienwelt überführen können. Kurzfristig sind Massnahmen nötig, um die zunehmenden Verdrängungseffekte durch die Gebührenfinanzierung der SRG zu reduzieren. Zwei Instrumente werden vorgeschlagen:
- Public Value Test: In Anlehnung an die in Europa verbreiteten «Public Value Tests» soll auch in der Schweiz ein institutionalisiertes Ex-ante-Prüfverfahren für die Leistungen der SRG eingeführt werden. Ein solches Verfahren prüft, ob (neue) Angebote der SRG dem öffentlichen Auftrag entsprechen und inwiefern sich diese auf den privaten Mediensektor auswirken (Wettbewerbsverzerrungen, Verdrängung privater Angebote). Die beiden Prüfverfahren werden von unterschiedlichen, voneinander unabhängigen Gremien durchgeführt.
- Ertrags-Cap: Bisher profitiert die SRG von stetig steigenden Gebührenerträgen – nicht nur aufgrund der Tariferhöhungen, sondern auch wegen der wachsenden Bevölkerung. Eine Begrenzung des SRG-Engagements kann über eine Ertragsbeschränkung erfolgen, einen «Ertrags-Cap» für Gebühren-und Werbeerträge. Der Gebühren-Cap orientiert sich am Preisindex, der Werbeertrags-Cap am aggregierten Budget der privaten Medien.
Förderung der Inhalte statt der Technologien
Wegen der Umwälzungen im Medienmarkt sind längerfristig Reformen nötig, die sowohl die Förderung privater Medien als auch die Organisation der SRG von Grund auf neu gestalten. Vergünstigte Posttarife, reduzierte Mehrwertsteuersätze und Direktzahlungen an Radio- und Fernsehveranstalter sind abzuschaffen und durch eine plattformneutrale Förderung zu ersetzen.
- Private Content Provider: Auf Seiten der privaten Medien erfüllt das Modell des «Private Content Providers» diese Anforderungen. Ähnlich einer genossenschaftlichen Nachrichtenagentur stellt dieser seine Inhalte (Texte, Live-Streams, Videos, Podcasts) Dritten günstig und diskriminierungsfrei zur Verfügung – und zwar ohne expliziten Leistungsauftrag. Das Modell, das sich lediglich für eine Übergangsphase eignet, stellt eine indirekte Subvention für sämtliche Medien dar und bezweckt in erster Linie die Förderung der Vielfalt.
- Public Content Provider: Eine plattformneutrale Medienförderung verlangt längerfristig eine Neuausrichtung der SRG. Die SRG müsste dazu in einen «Public Content Provider» überführt werden, einen reinen Inhaltsproduzenten ohne eigene Verbreitungsplattform. Als solcher würde die SRG vielfältige mediale Inhalte in allen Landessprachen produzieren und privaten, dritten Plattformen als Vorleistung zur Verfügung stellen. Ein Public Content Provider hat einen Programmauftrag und wird nur durch Gebühren finanziert. Auch in diesem Modell profitieren die privaten Medien unabhängig von ihrer Technologie (Print, Rundfunk, Online) vom Fördermodell, da sie die gebührenfinanzierten Inhalte gratis übernehmen und weiterverbreiten können. Subventionsbedingte Marktverzerrungen werden minimiert, da der Public Content Provider weder über Nutzer- noch Werbeerträge verfügt. Das Modell vereinfacht ausserdem die Medienförderung, da es andere Instrumente – wie den Private Content Provider – obsolet macht.