Die wachsende Einspeisung erneuerbarer Energien in Europa stellt die Wirtschaftlichkeit von konventionellen Kraftwerken zunehmend in Frage. Genau diese konventionellen, steuerbaren Kraftwerke sind jedoch als Back-up dringend nötig, um die fluktuierende Produktion erneuerbarer Energien auszugleichen. Immer mehr Länder erwägen daher die Einführung sogenannter Kapazitätsmärkte bzw. -mechanismen, also eine finanzielle Förderung der Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten (siehe Abbildung unten).
Enge Vernetzung
Die Schweiz ist wegen ihrer engen Vernetzung mit den Nachbarländern und der hohen Bedeutung des Stromhandels von den Entwicklungen in Europa direkt betroffen. Sie «importiert» nicht nur die von den subventionierten erneuerbaren Energien verursachten Marktverzerrungen, sondern auch die potenziell preissenkenden Effekte allfälliger Kapazitätsmechanismen. Deshalb wäre es für die Schweiz wohl ziemlich schwierig, bei einer allgemeinen Einführung von Kapazitätsmechanismen in den Nachbarländern abseits zu stehen. Zwar könnten inländische Verbraucher von durchschnittlich tieferen Marktpreisen profitieren, doch würden gleichzeitig die Erträge der Stromproduzenten unter Druck geraten. Längerfristig könnte die Versorgungssicherheit gefährdet werden, da der Bau neuer Kraftwerke im Inland weniger attraktiv würde. Umgekehrt wäre die unilaterale Einführung eines Fördermechanismus für konventionelle Kraftwerke in einem kleinen Land wie der Schweiz wegen der engen Vernetzung mit den Nachbarn wenig sinnvoll und nur begrenzt funktionsfähig. Die inländischen Verbraucher würden die Kosten tragen, hätten aber keinen Gegenwert in Form tieferer Grosshandelspreise oder geringerer bzw. seltenerer Preisausschläge (Knappheitspreise). Zudem wäre ein auf die Schweiz beschränkter Kapazitätsmarkt aufgrund der hohen administrativen Aufwendungen, der fehlenden Liquidität und des mangelnden Wettbewerbs beim Kraftwerksangebot auf jeden Fall ineffizient. Eine enge Koordination mit den Nachbarn wäre daher fast zwingend.
Handlungsempfehlungen
Die Schweiz sollte somit hinsichtlich der Förderung der Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten keinen vorschnellen Alleingang wagen, sondern vorsichtig abwarten. Das kann sie sich auch leisten, da auf absehbare Zeit kein akuter Mangel an Kraftwerkskapazität im Inland besteht. Ferner sollte die Schweiz den wachsenden Marktverzerrungen durch fluktuierende Energien auf der Nachfrageseite begegnen. Das setzt voraus, dass die Verbraucher bedeutend stärker als heute auf kurzfristige Preisveränderungen reagieren, was vor allem durch den kombinierten Einsatz von Smart Metering und marktnahen Tarifen ermöglicht werden könnte. Derzeit werden solche Lösungen jedoch durch das Fehlen der Marktöffnung bei kleineren Verbrauchern behindert. Schliesslich zeigt die Analyse, dass ein anhaltender Ausbau der Subventionierung von erneuerbaren Energien im Rahmen der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) nicht nachhaltig ist. Die KEV verschärft nicht nur das Investitionsproblem bei den konventionellen Kraftwerken, sondern sie wird bei wachsender Einspeisung der erneuerbaren Energien auch immer ineffizienter. Will die Politik unbedingt an einer expliziten Förderung festhalten, dann müsste diese grundsätzlich neu konzipiert und dabei enger am Markt ausgerichtet werden.