Die Zahl der Deutschen in der Schweiz hat sich in den letzten zehn Jahren auf mehr als eine Viertelmillion verdoppelt. Mit gut 3% der Gesamtbevölkerung bilden die Deutschen jedoch nur die drittgrösste Ausländergruppe nach Personen aus Ex-Jugoslawien und Italien. Auch der historische Vergleich relativiert diese Zahlen.
Ende 2010 lebten 279 000 deutsche Staatsbürger in der Schweiz. Seit der Jahrtausendwende hat sich ihre Anzahl mehr als verdoppelt, nachdem sie 40 Jahre lang weitgehend konstant geblieben war (siehe Grafik). Trotz dieses Zuwachses machten die Deutschen nur die drittgrösste Ausländergruppe aus – nach Personen aus Ex-Jugoslawien (313 000) und Italien (291 000). Der Abstand ist noch grösser, wenn man berücksichtigt, dass sich in den letzten Jahren deutlich mehr Ex-Jugoslawen und Italiener haben einbürgern lassen. Diese Personen tauchen nicht mehr in der Ausländerstatistik auf.
Zu den in der Schweiz lebenden Deutschen kommen noch 50 000 deutsche Grenzgänger, die täglich zum Arbeiten über die 350 km lange gemeinsame Grenze pendeln. Vor zehn Jahren (Ende 2000) waren es lediglich 31 000. Allerdings liegt die Zahl der Grenzgänger aus Deutschland deutlich niedriger als jene aus Frankreich (Ende 2010: 122 000) und etwa gleichauf mit der aus Italien (53 000), obwohl der italienisch-sprachige Teil der Schweiz viel kleiner ist als der deutschsprachige (der allerdings noch an ein zweites deutschsprachiges Nachbarland, Österreich, grenzt).
Gut qualifizierte Arbeitskräfte
Die deutsche Zuwanderung der letzten Jahre wurde vor allem getrieben durch den Sog auf dem Arbeitsmarkt, der dank der Personenfreizügigkeit voll zum Tragen kam. Die grosse Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach zusätzlichen Arbeitskräften kann nur noch durch Zuwanderung befriedigt werden. Deutschland bietet einen grossen Pool qualifizierter Arbeitskräfte in unmittelbarer Nachbarschaft, und dank ähnlicher Sprache und Kultur sind deutsche Arbeitskräfte leicht integrierbar.
Die einwandernden Erwerbstätigen aus Deutschland sind meist gut qualifiziert. Entsprechend hoch ist der Anteil der Deutschen in einschlägigen Berufsgruppen: Jeder 10. Arzt in der Schweiz ist Deutscher, jeder 8. Top-Manager und jeder 5. Universitäts-Professor. Allein durch die 3000 deutschen Ärzte sparte die Schweiz Ausbildungskosten von circa 3 Milliarden Franken. Dass die Deutschen in den Arbeitsmarkt und nicht in die Sozialwerke einwandern, zeigt sich auch an den Arbeitslosenquoten: Im 1. Quartal 2011 lag diese für Deutsche in der Schweiz mit 3,4% etwa gleichauf mit jener der Schweizer (3,2%) und deutlich niedriger als die Ausländerarbeitslosigkeit insgesamt (8,2%).
Zahl der Deutschen ins Verhältnis gesetzt
Setzt man die Zahl der Deutschen ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, ergibt sich für Ende 2010 ein Bevölkerungsanteil von 3,4%. Mit anderen Worten: Jeder 30. Einwohner der Schweiz hat einen deutschen Pass. Dies ist zwar der höchste Wert seit dem Zweiten Weltkrieg, aber in den 50 Jahren zwischen 1880 und 1930 lag der Anteil der Deutschen immer auf diesem Niveau oder gar höher. Der Rekord wurde 1910 erreicht, als 5,9% der schweizerischen Wohnbevölkerung Deutsche waren. In der Stadt Zürich betrug ihr Anteil damals sogar 21%, verglichen mit 8% heute.
Aber nicht nur der historische Vergleich relativiert die Zahl etwas, sondern auch der Vergleich mit den in Deutschland lebenden Schweizern: Jenseits der Grenze haben sich 75 000 Schweizer Staatsbürger niedergelassen. Proportional zur eigenen Bevölkerung leben etwa dreimal so viele Schweizer in Deutschland (1% aller Schweizer), wie Deutsche in der Schweiz (0,34% aller Deutschen). Die Auswanderungsneigung der Schweiz nach Deutschland ist also deutlich höher als umgekehrt, was allerdings typisch ist für Länderpaare mit einem solchen Grössenunterschied.
Ob die Zuwanderung aus Deutschland langfristig anhalten wird, ist schwer abzusehen. Der noch immer dynamische Arbeitsmarkt, höhere Löhne und die Attraktivität der Schweiz sprechen für ein Anhalten des Trends. Aber es gibt auch Faktoren, die die Zuwanderung dämpfen dürften: Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist inzwischen auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gefallen, und in Bayern und Baden-Württemberg herrscht quasi Vollbeschäftigung. Der demographische Wandel verstärkt den internationalen Wettbewerb um Fachkräfte und der hohe Frankenkurs könnte die Schweizer Konjunktur und somit die Arbeitskräftenachfrage künftig bremsen.